zeitig muß aber auch eine grössere Breite von erfahrungswissenschaftlichen Zugängen und Methoden eröffnet und erprobt werden, wenn empirische Forschung im hoch individualisierten und difficilen Gebiet der Psychologie und Pädagogik Behinderter ihre entscheidende und fundierende Aufgabe behalten soll. Die Anforderungen, um aussagekräftige und relevante empirische Forschung zu machen, sind unter dieser gesamten Entwicklung angestiegen. Es tun sich aber neue Möglichkeiten auf und man kann sich von kontraproduktiven„Güte‘“merkmalen freimachen.
Wir beschließen die ersten 30 Jahre HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG janusköpfig. Das eine Gesicht schaut zurück. Die beiden ersten empirischen Beiträge das Heftes 1/1964 erscheinen noch einmal. Es ist mehr als ein amüsanter Zu
fall, daß diese beiden Beiträge von unseren Kollegen Karl Josef Klauer und Gustav O. Kanter stammen, die bis vor kurzem unsere Vorgänger im Amte der Herausgeber waren. Dies ist ein Beispiel dafür, wie Wissenschaftler sich und ihrer selbstgestellten Aufgabe ein Berufsleben lang treu bleiben können. Wir freuen uns, daß sie bereit waren, ihre damaligen Arbeiten aus heutiger Sicht zu kommentieren. Konstanz und Veränderung von Personen und Themen lassen sich darin anschaulich beobachten. Aktuell sind beide Themen nach wie vor, denn es geht um Integration und Förderung.
Einen weiteren Rückblick wirft ein Interview mit Frau Karola v. Bracken. Im Gespräch beleuchtet sie das Leben des Begründers, das sie von 1962 bis 1984 teilte. Sie öffnet diskret indiskrete Blikke hinter die Ansichtsseite einer wissen
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XX, Heft 4, 1994
Editorial
schaftlichen Persönlichkeit, Blicke in ihre Auseinandersetzungen, die heute bei denen, die sich erinnern, das nach innen gewendete kopfnickende Lächeln hervorrufen mögen.
Das Heft schließt mit einer Inhaltsanalyse aller Beiträge, die in der HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG erschienen. Sie zeigt, was und wie in den vergangenen 30 Jahren geforscht wurde und wo Forschungsfelder brachlagen. Janus’ historischer Rückblick verlängert sich zur Vorausschau, wenn vergangene Linien und Strömungen durch die längere Peilung künftige Aufgaben und Wege ankündigen. Im Bild der Karawane: der Mann auf dem letzten Kamel überblickt die Marschrichtung der gesamten Kolonne und lenkt die Richtung der Spitze durch Zurufe vom Ende.
Holger Probst
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