Karl Josef Klauer+ Der Progressive-Matrices-Test(1964)
ergänzungen, analoges Schlußfolgern usf.); der PMT erlaubt im Einzelfalle die Feststellung, inwieweit noch Hilfestellungen zur intellektuellen Durchdringung der anschaulichen Wirklichkeit notwendig sind und inwieweit man das anschauliche Denken altersgemäß voraussetzen darf, was eben nicht für alle Hilfsschulkinder selbstverständlich ist. Das dürfte besonders für den grundlegenden Rechen- und Leseunterricht wie für den Sachunterricht von Bedeutung sein. Bislang fehlte uns noch ein Testverfahren, das diesen hilfsschuldidaktisch entscheidend wichtigen Aspekt in gleich einfacher und objektiver Weise zu überprüfen gestattet.
Zur Feststellung der Hilfsschulbedürftigkeit kann der PMT nur mit Vorsicht und jedenfalls nie allein herangezogen werden, weil er nicht hinreichend Volksund Hilfsschulkinder differenziert. Für den Praktiker, der auf die originalen Dumfries-Normen angewiesen ist, kann jedoch— mit allen notwendigen Einschränkungen— folgende Faustregel mitgeteilt werden:
Hilfsschulbesuch). Es handelt sich um eine durchaus brauchbare Gültigkeit, zumal wenn der Test nicht allein den Ausschlag gibt.
Zum Abschluß soll noch auf einen weiteren Punkt hingewiesen werden. In der Hilfsschule fanden wir eine größere Variabilität der Leistungen als in der Volksschule. Aussagen über die Variabilität sind zwar nicht unproblematisch — man vgl. etwa Mittenecker, 1958, S. 140—, doch läßt sich nicht bestreiten, daß es trotz des niedrigeren Mittelwerts der Hilfsschule dort Kinder gibt, die mit ihren anschaulichen Intelligenzleistungen das Niveau der Spitzengruppe der Volksschule erreichen, während andererseits auch Kinder mit so schwachen Leistungen in der Hilfsschule sind, wie man sie in der Volksschule überhaupt nicht antrifft. Das erfordert eine viel weitergehende Differenzierung innerhalb der Hilfsschulklasse, jedenfalls entschieden über das Maß hinaus, das die Volksschule zu verwirklichen sucht. Ob die Hilfsschule allenthalben dieser keineswegs neuen Forderung gerecht wird, darf
Obwohl die Durchschnittsleistungen der Hilfsschulkinder signifikant und um etwa 2 Jahre hinausgeschoben erscheinen, liegt die Mehrheit der Hilfsschulkinder bei der großen Streuung nur relativ mäBig unter der Volksschulnorm. Daher differenziert dieser Test beide Schülergruppen nicht so gut wie etwa der HAWIK, zumal wie dessen Verbal-IQ. Unterhalb des oberen Quartils der Hilfsschulkinder liegen noch knapp 30% der Volksschulkinder; die Bereiche+ 1 Standardabweichung vom Mittelwert überschneiden sich bei den zwei Schülergruppen. Das anschauliche Denken— jedenfalls soweit es dieser Test erfaßt— ist bei der Mehrheit der Hilfsschulkinder nur relativ mäßig herabgesetzt.
Der relative Altertsfortschritt ist bei den Hilfsschulkindern genauso groß wie bei Volksschulkindern— dies zumal bei leistungsgleichen Gruppen.
Die Aufgaben- und Fehleranalyse zeigte, daß Hilfsschulkinder bei diesen Aufgaben kein qualitativ eigentümliches Denken an den Tag legen.
Somit erweisen sich die quantitativen
Die originalen Dumfries-Normen diffe- füglich bezweifelt werden. und qualitativen Ergebnisse für das Pro
renzieren Volks- und Hilfsschulkinder blem des anschaulichen Denkens bei
im Verhältnis 1:2 oder stärker(vgl. Hilfsschulkindern— und damit auch in
Tab. 5): hilfsschuldidaktischer Hinsicht— von besonderer Bedeutung.
pro pro praktisch Der Test sollte auf deutsche Verhältnis
Volksschule_ Hilfsschule nicht se umgeeicht werden. Die originalen
Intelligenzgrade I, I, I V IV Normen bewerten die deutschen Kinder
Prozentsatz der Volksschüler 63 11,5 25,5 der Stichprobe etwas zu schlecht. Für
Prozentsatz der HilfSschüler 22 2 XS den vorläufigen Gebrauch dieser Nor
men im Rahmen des Umschulungs
verfahrens zur Hilfsschule wurde eine
Man sieht, daß die Grade I-II, die be- Zusammenfassung Faustregel angegeben, deren Ergebnis
vorzugt bei volksschulfähigen Kindern vorkommen, Hilfsschulbedürftigkeit keineswegs ausschließen, während Grad V, der in Richtung auf Hilfsschulbedürftigkeit weist, auch bei volksschulfähigen Kindern vorkommen kann. Die angegebene Faustregel läßt sich daher, wie gesagt, nur hypothetisch, als Vermutung, werten.
Der Gültigkeitsindex dieser Faustregel liegt, geschätzt nach der tetrachorischen Korrelation(N= 400) mittels der Cosinus-Pi-Formel, bei einem mittelhohen Wert von r..,= 0,62(Intelligenzgrade I-I/IV, V versus Volksschulbesuch/
Der„Coloured Progressive Matrices‘“Test von Raven wurde eingehend beschrieben und testkritisch durchleuchtet. Für heilpädagogische Zwecke erscheint er besonders geeignet. Anschließend wurde über eine größere Untersuchung berichtet. 400 Volksschulkinder im Alter von 6;0-11;5 sowie 200 Hilfsschulkinder im Alter von 8;0-11;5 wurden mit diesem Test überprüft. In Volks- und Hilfsschule zeigte sich eine deutliche Alterskorrelation sowie eine geringfügige Geschlechtsdifferenzierung (zugunsten der Knaben).
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XX, Heft 4, 1994
bei einem Gültigkeitsindex von r,..= 0,62 nur hypothetisch gewertet werden darf,
Anmerkungen
! Raven hat 3 verschiedene Intelligenztests mit progressiven Matritzen entwickelt. 1)„The Standard Progressive Matrices Sets A, B, C, D, E“ für(ältere) Kinder und Erwachsene. 2)„Advanced Progressive Matrices Sets I and II“ für überdurchschnittlich intelligente Erwachsene, 3)„Coloured Progressive Matrices Sets A, AB, B“ für(jüngere) Kinder, für Minderbegabte, für alte Menschen, sprachlich Beeinträchtigte etc. Von der Buchform dieses Tests wird hier gehandelt.— Die Tests sind durch den Buchhandel zu
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