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Heilpädagogische Forschung : Zeitschrift für Pädagogik und Psychologie bei Behinderungen
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Gustav Kanter- Sozialpsychologische Untersuchungen an sprachbehinderten Kindern in Normalschulklassen(1964)

Tabelle 10: Häufigkeitsverteilung der sprachbehinderten Kinder nach

Schulleistungen und Führungsnoten(N= 21)

Klassen- Schulleistun; fünftel* 4 2 3. 4. 5. Summ. Man Fach Deutsch- 2 5 11 3 21 37 Rechnen= 3 8 7 3 21 3,5 Heimatkunde 3 8 7 1 21 32 Mittel- 3 7 10 1 21 35 (D+R+H) Führungsnoten (Betr., Fleiß, Aufm., Ordnung) Note Anzahl d. Schüler 1 1 2 6 3 9 4 4 5 1 21 Mein 2,8

* Die Lehrer waren gebeten worden, nach Klassen-Fünfteln einzuordnen: 1.= bestes, 5.= schlechtestes Fünftel(nicht nach den üblichen Schulnoten von 1 bis

6).

die Ergebnisse der Leistungsbeurteilung aus der Erst-(nach Möller) mit denen der Zweituntersuchung(nach einem Jahr) vergleicht. Der Zusammenhang be­trägt hier auch nur Rho= 0,43 s.

Die Beurteilung der schulischen Arbeits­weise der sprachbehinderten Kinder durch den Lehrer ergibt folgendes Bild:

6 mal schnell 13 mal leicht ablenkbar 6 mal selbständig 8 mal leicht ermüdbar 4 mal ausdauernd 8 mal unselbständig

4 mal konzentriert 8 mal ungeschickt

geschickt 7 mal langsam

4 mal flüchtig, oberfläch­lich, unordentlich

Auf 20 positive Aussagen kommen mehr als doppelt so viele(48) negative Beur­teilungen. 15 Kinder(25 Aussagen), d.h. fast% werden als leicht ablenkbar, leicht ermüdbar, flüchtig, oberflächlich be­zeichnet und nur 5(8 Aussagen) als konzentriert, ausdauernd. Um diese Ergebnisse in ihrer Bedeu­tung besser abschätzen zu können, seien hier die relativierten Werte einer ver­gleichbaren Gruppe von nicht-sprach­gestörten Kindern angeführt:

5 mal schnell 9 mal leicht ablenkbar 9 mal selbständig 9 mal leicht ermüdbar 7 mal ausdauernd 4 mal unselbständig 3 mal konzentriert 5 mal ungeschickt 6 mal geschickt 11 mal langsam 5 mal flüchtig, oberflächlich 174

Hier stehen 30 positive Aussagen 43 ne­gativen gegenüber. Das Bild ist also et­was zu Gunsten der normal-sprechen­den Kinder verschoben. Der Unterschied ist jedoch statistisch nicht bedeutsam (Chi?= 1,66; df= 1 ns). Entgegen den Erwartungen sind auch 2/3 der nicht­sprachbehinderten Schüler(23 Aussa­gen) ablenkbar, ermüdbar und flüchtig, nur 1/3(10 Aussagen) arbeiten konzen­triert-ausdauernd. Die normal-sprechen­den Schüler werden jedoch als selbstän­diger und einige als geschickt beurteilt (selbständig fast die Hälfte der Kinder, unselbständig knapp 1/5 geschickt etwa 1/4 der Kinder). Sie unterscheiden sich in diesem letzten Punkt signifikant von den sprachgestörten, die in keinem Fal­le als geschickt, wohl aber 8 mal als ungeschickt bezeichnet wurden(normal­sprechende 5 mal). Verhalten der sprachbehinderten Kin­der gegenüber Anforderungen geistiger Art: Von 20 Kinder(1 Pb erhielt keine Be­urteilung) wurden 13 als pflichtbewußt(9 mal), arbeitsfreudig(6 mal), zuverlässig(S mal), ehrgeizig(1 mal) beurteilt, 7 als gleichgültig(5 mal), nachlässig(4 mal) und leicht entmutigt(1 mal).

Verhalten der sprachbehinderten Kin­der gegenüber Anforderungen sporltli­cher Art: Von 20 Kinder(1 Pb erhielt keine Be­urteilung) wurden 12 als sportfreudig(12 mal), ehrgeizig(2 mal),

4 als ausgeglichen(3 mal), den Anforderungen

gerecht werdend(1 mal) und

4 als ängstlich(4 mal), leicht entmutigt(2 mal) bezeichnet.

(Die Pbn konnten mehrfach eingeordnet werden, daher ist die Summe der Nen­nungen nicht gleich der Anzahl der Pbn.) In beiden Fällen überwiegen die positi­ven Beurteilungen und lassen in dieser Beziehung für die sprachbehinderten Schüler kein auffälliges Verhalten er­kennen.

Zusammenfassend kann gesagt werden, daß die sprachbehinderten Kinder der Untersuchungsgruppe im Schnitt im un­teren Bereich der durchschnittlichen In­telligenz liegen, wie auch ihre Schul­leistungen nur schwachdurchschnittlich sind. Ihr Verhalten gegenüber Anforde­rungen geistiger und sportlicher Art wird von den Lehrkräften positiv beurteilt; bei der schulischen Arbeit erscheinen die Kinder im Vergleich zu ihren Mit­schülern lediglich weniger geschickt und vielleicht etwas unselbständiger.

3. Beurteilung des Sozialverhaltens der sprachbehinderten Kinder durch den Lehrer

Die soziale Einordnung einzelner Schü­ler oder das soziale Beziehungsgefüge von Schülergruppen, wie sie mit Hilfe soziometrischer Erhebungen zu erfassen versucht wurden, stimmen nicht notwen­digerweise mit Vorstellungen überein, die sich zum Beispiel Lehrer oder El­tern darüber machen. Um die Frage nach den Erscheinungsweisen dersekundä­ren Persönlichkeitsverformungen und der schulischen Situation sprachbehin­derter Kinder klären zu können, ist es aber wichtig, auch hier Genaueres zu wissen. Im nächsten Abschnitt wird des­halb berichtet, wie sich die sprachbehin­derten Kinder in der Beurteilung ihrer Lehrer darstellen. Die Auswertung der

HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XX, Heft 4, 1994