Gustav Kanter- Sozialpsychologische Untersuchungen an sprachbehinderten Kindern in Normalschulklassen(1964)
Pb 12, ein Junge des 7. Schuljahres, 12% Jahre alt, der nur leicht stottert,. vornehmlich in Erregung. Er steht in der Schule schlecht(Versagen in Deutsch, schwach in Rechnen; Betragen, Fleiß, Ordnung 5, Aufmerksamkeit 4) ist ablenkbar, leicht ermüdbar, gleichgültig, langsam, ist eigenwillig, widersetzlich, lügnerisch, im Umgang mit Klassenkameraden unverträglich und herausfordernd. Er erreicht einen IQ von 89. Das häusliche Milieu erscheint ungünstig. Die Eltern gelten als streitsüchtig und zänkisch und versagen offenbar bei der Kindererziehung. In der Untersuchungssituation wirkte der Junge ungepflegt, suchte aber Kontakt und gab sich Mühe, den Anforderungen gerecht zu werden. Der Schule gegenüber resignierte er und erachtete sich als den„Dümmsten der Klasse“. Der Rosenzweig-Test weist ihn als einen gegen die Umwelt aggressiven Jungen aus, der stark ichbezogen reagiert(E, E-D).
Pb 8 ist eine zur Zeit der Untersuchung 11;4 Jahre alte Schülerin des 5. Schuljahres. Sie stottert nur leicht. Bei einem IQ von 101 sind ihre Schulleistungen allgemein schwach, die Führungsnoten ausgesprochen schlecht. Sie wird als leicht ablenkbar, ermüdbar, ungeschickt, nachlässig, leicht entmutigt, dem Lehrer gegenüber als eigenwillig, auffallenwollend, sich vordrängend, den Mitschülern gegenüber als egoistisch beurteilt. Wiederholt wurde darauf hingewiesen, daß sie stiehlt. Es liegen auch häusliche Schwierigkeiten vor; nach Angaben des Kindes leben die Eltern in Scheidung. Pb ist Einzelkind. Sie liebt Kino-, Baden-, Spazierengehen, auch Sport und besucht die Schule nur ungern. In der Untersuchungssituation wirkte sie lahm, uninteressiert und etwas ungepflegt. Sie gilt als„Angeber“. Den Ergebnissen des Rosenzweig-Tests nach ist sie sehr umweltaggressiv(E, E) und reagiert stark ichbezogen(E-D).
Um die Gruppe derer vollständig zu machen, die zu den Abgelehnten(PR> 75) ihrer Klasse gehören, sollen noch Pb 13 und Pb 20 erwähnt werden. Pb 20, der stark stottert, ist sehr schwach begabt,
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„Soziales Atom“ Pb 4
Klassenstärke: 36 obere Zahl=_Rangplatz Wahl untere Zahl=_KRangplatz Ablg.
sitzen
1 mal gewählt
7 mal abgelehnt
Ablehnung von vielen Seiten, wünscht selbst einen beliebten als Sitznachbarn. Nimmt eine Zuneigung nicht wahr.
2 mal gewählt
9 mal abgelehnt
wünscht Anschluß an günstig stehende
von den beiden erhaltenen Wahlen stammt von dem am meisten Abgelehnten in der Klasse u. wird auch vom Pb nicht gewünscht
Abgelehnt wird Pb hauptsächlich wegen seiner„Dummheit“, aber auch weil er zornig und frech sei.
Sitzenbleiber(IQ 67),„rauhbeinig“(„haut, ißt Würmer, Gras und Kreide“), unehelich geboren und wohnt bei den Großeltern. Pb 13 ist ein etwas schwächlicher, stotternder Junge aus einer großen Familie, in der weitere behinderte Kinder sind
„Soziales Atom“ Pb 12
Klassenstärke: 35 obere Zahl=_Rangplatz Wahl untere Zahl=_KRangplatz Ablg.
sitzen
IS
keinmal gewählt
11 mal abgelehnt
sein Wunsch richtet sich 2 mal auf„Spitzenreiter“, 1 mal auf einen stark abgelehnten Jungen,
der sich aber gegen ihn wendet.
und deren wirtschaftliche Verhältnisse als ungünstig beschrieben werden. Die Schulleistungen sind sehr mäßig(IQ 84), wiewohl er sich Mühe gibt. Dem Rosenzweig-Test nach ist er insgesamt unangepaßt(G.C.R.) und inaktiv(e, m, i).
2 mal gewählt
5 mal abgelehnt
beim Spielen hat Pb zwei feste Freunde, von denen einer allerdings der am meisten in der Klasse Abgelehnte ist.
Ablehnungsbegründungen: frech, dumm, böse, lügt, betrügt, macht Aufgaben nicht, spielt nicht richtig.
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XX, Heft 4, 1994