Gustav Kanter- Sozialpsychologische Untersuchungen an sprachbehinderten Kindern in Normalschulklassen(1964)
„Soziales Atom“ Pb 8
Klassenstärke: 28 obere Zahl=_KRangplatz Wahl untere Zahl=_Rangplatz Ablg.
sitzen
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z es zZ keinmal gewählt
8 mal abgelehnt
versucht, sich an zwei ordentlichen Schülern zu orientieren, von denen sie jedoch nicht beachtet wird; allgemeine Ablehnung.
keinmal gewählt
8 mal abgelehnt
starke Ablehnung, vergebliches Bemühen um
die Gunst von gutstehenden Klassenkameradinnen.
Begründungen für die Ablehnung: frech, komisch, klaut, stiehlt, ist nichts, dickköpfig, muß nach ihrem Kopf
gehen, macht Beschiß, möchte immer gewinnen.
Bei der kasuistischen Betrachtung der soziometrischen Daten fallen außer den sieben beschriebenen Fällen noch zwei weitere Pb durch nicht sehr günstige Positionen auf, und zwar Pb 2 und Pb 16. Pb 2, ein körperlich und geistig stark zurückgebliebenes Kind(IQ 60) hat u.a. auch ein Stotterleiden. Es wird von Hause aus sehr behütet und gefördert, ver
„Soziales Atom“ Pb16
soziometrische Befragung 1960 (spielen)
—m— Ablg. (Angaben nach Möller)
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keinmal gewählt 8 mal abgelehnt
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG
liert den Anschluß an seine Altersgenossen aber immer mehr. Pb 16 ist ebenfalls ein stark behindertes Kind, IQ 64, multiples Stammeln, teils Stottern, schwache Schulleistungen, sonst aber ordentlich. Der Einfluß des Klassenlehrers, der den schwachen Schüler zu stützen bemüht ist und ihn als zutraulich, verträglich, pflichtbewußt und bei
soziometrische Befragung 1961 Klassenstärke: 35 73-7 Wahl
Ablg. obere Zahl= Rangplatz Wahl untere Zahl= Rangplatz Ablg
keinmal gewählt keinmal abgelehnt
Band XX, Heft 4, 1994
seinen Mitschülern als beliebt und geschätzt beurteilt, wirkte sich so aus, daß der Junge von offener Ablehnung allmählich verschont blieb, aber völlig isoliert dasteht.
Alle anderen Schüler erreichten im ganzen gesehen nicht ungünstige soziometrische Positionen. Zum Vergleich mit der erstgenannten Gruppe seien die beiden Schüler mit dem besten sozialen Status angeführt:
Pb 15, 6. Schuljahr, war zur Zeit der Untersuchung 12% Jahre alt und stotterte überaus stark. IQ 93, Schulleistungen im Mittel schwach(Deutsch sehr schlecht, Rechnen befriedigend), Führungsnoten im Schnitt befriedigend bis ausreichend. Nach Aussagen des Lehrers: leicht ablenkbar, gleichgültig, gehemmt, eigenwillig aber sportfreudig, im Kameradenkreis verträglich, mitmachend, begehrter Spielgefährte, sonst unbeachtet. Die häuslichen Verhältnisse liegen insofern nicht sehr günstig, als der Junge wegen seines Sprachleidens vom Vater, der selbst Stotterersymptome zeigen soll, gemaßregelt wird(Möller 1961, S. 39). Die schulische Situation hat sich im Laufe eines Jahres dahingehend verschlechtert, daß das Kind, das ursprünglich als zutraulich, freundlich und anerkennungsuchend beurteilt wurde(Möller 1961, S. 39), nunmehr gleichgültig und eigenwillig erscheint. Der Rosenzweig-Test zeigt, daß der Junge nicht altersadäquat reagiert(G.C.R.). Seine Aggressionen richten sich vorwiegend gegen das eigene Ich(Intropunitivität). Ein gewisses inneres Reservat besteht allerdings darin, daß er sich durch die Annahme von erleichternden Umständen entlastet(I). Beschuldigungen werden aggressiv zurückgewiesen(E). Dieser von außen gesehen doch unter recht ungünstigen Gegebenheiten stehende Junge ist in seiner Klasse jedoch recht beliebt— erklärlich vielleicht durch seine Verträglichkeit und sein sportliches Interesse.
Pb 1, ein Junge des 8. Schuljahres im Alter von 13;8 Jahren, stottert ebenfalls
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