Gustav Kanter- Sozialpsychologische Untersuchungen an sprachbehinderten Kindern in Normalschulklassen(1964)
schwer. IQ 100, Schulleistungen und Führungsnoten fast gut. Von ihm heißt es: arbeitet konzentriert und selbständig, ist pflichtbewußt, zuverlässig, sportfreudig, dem Lehrer gegenüber zutraulich, Beachtung und Anerkennung suchend, im Umgang verträglich, bei Mitschülern anerkannt und geschätzt. Die häusliche Situation erscheint günstig. Intropunitivität(Rosenzweigtest) ist bei diesem Jungen stark ausgebildet, wenn auch hier wieder unter der„entlastenden‘“ Bedingung der Annahme von Unvermeidbarem(I). Der Reaktionstyp ist zu stark„hindernis-“(O-D) und zu wenig„lösungsbetont‘“(N-P).
Betrachtet man die erste Gruppe der abgelehnten oder isolierten Schüler näher und stellt sie der zweiten Gruppe, der beliebten(für die 2 Beispiele angeführt wurden) bzw. nicht unbeliebten Schüler gegenüber, dann lassen sich einige bemerkenswerte Punkte feststellen.
In der Gruppe der unbeliebten Schüler häufen sich Belastungsfaktoren, unter denen die beobachteten Sprachfehler eine mehr untergeordnete Rolle zu spielen scheinen. Sie sind eher Sekundärmerkmale„primärer Defekte“ oder„primärer Beeinträchtigungen“ als selbst„primäre Defekte“ und Ursache für soziales Uneingepaßtsein. Z.B. sind Pbn 17, 4, 20, 2, 16 wahrscheinlich auch 13 mehrfachgeschädigte Schüler mit meist schweren geistigen, aber auch körperlichen Behinderungen. Pbn 12 und 18 weisen Merkmale erheblicher Milieuschädigungen auf, hinter denen ihr Sprachfehler(leichtes Stottern) völlig zurücktritt. Pb 6, bei dem ebenfalls belastende Umweltwirkungen vorhanden sind(Halbwaise), zeigt Verhaltensschwierigkeiten, die weder klar als Ursache noch als Folge der vorhandenen Sprachstörung(schweres Stottern) gedeutet werden können. Der Sprachfehler ist hier einfach Komponente eines Geflechts von„Persönlichkeitsverformungen“, deren Genese schwer zu verfolgen ist.
Die Gruppe der Schüler, die durchschnittliche und bessere soziometrische Positionen erreichen konnten, umfaßt hauptsächlich Stotterer(einmal mit Näseln), auch schwer stotternde Kinder.(Die bei
180
„Soziales Atom“ Pb 15
Klassenstärke: 43 obere Zahl=_Rangplatz Wahl untere Zahl=_KRangplatz Ablg.
sitzen
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5 mal gewählt
keinmal abgelehnt
gegenseitige Wahlen, Wohlwollen von „Spitzenreitern“.
spielen
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WW y O-—«O0
e©)
7 mal gewählt
1 mal abgelehnt
4 gegenseitige Wahlen mit günstig stehenden Klassenkameraden
Die Begründung für die eine Ablehnung, die übrigens nur an 4. Stelle erfolgte, lautet:„wird frech“.
den beliebtesten Jungen sind z.B. ausgesprochen starke Stotterer.) Im Gegensatz zur ersten Gruppe ist jedoch bei keinem Kinde die Sprache verstammelt oder durch auffallende Anomalien der Sprechwerkzeuge beeinträchtigt. Keines ist geistig schwerer behindert, und in keinem Falle liegen Anzeichen von Ver
„Soziales Atom“ Pb 1
Klassenstärke: 29 Rangplatz Wahl
obere Zahl= =_Rangplatz Ablg.
untere Zahl
sitzen
4 mal gewählt keinmal abgelehnt
wahrlosung vor. Allerdings lassen sich auch hier Belastungsmomente feststellen, z.B. Verwöhnung, überstrenge Erziehung, Krankheit, Einzelkinder, Halbwaisen u.ä. Nie treten diese Momente aber als deutlich bestimmende Faktoren in den Vordergrund wie bei der ersten Gruppe. Man könnte eher sagen, sie sei
spielen
Sn Be Sı O
4 mal gewählt 1 mal abgelehnt 3 gegenseitige Wahlen
Die Begründung für die Ablehnung:„Boxt, wenn er verliert“.
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XX, Heft 4, 1994