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Heilpädagogische Forschung : Zeitschrift für Pädagogik und Psychologie bei Behinderungen
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Hans-Peter Langfeldt& Franz. B. Wember- 30 Jahre HEILPADAGOGISCHE FoRscHUNG: Bestandsaufnahme und inhaltsanalytische Reflexionen

ten, angewandte Forschung mit prakti­scher Ausrichtung ebenso akzeptiert wer­den wie grundlagenwissenschaftlich ori­entierte Beiträge all dies in dem Be­mühen,das Recht der behinderten Kin­der auf eine Bildungshilfe zu realisie­ren, die ihrer Eigenart entspricht(Brak­ken& Wegener 1964, 2).

Ein Jahr zuvor war eine der ersten Ar­beiten zu einer Disziplin erschienen, die man Wissenschaftswissenschaft nennen könnte. InLittle Sience Big Sience beschrieb der eingangs zitierte Derek de Solla Price(deutsch 1974) den Weg der Wissenschaft von der Studierstube zur Großforschung, so jedenfalls der Unter­titel seines Buches. Er behauptete, man könne Wissenschaft als meßbare Größe behandeln und versuchen, nüchterne Kennwerte zu entwickeln für ihren Um­fang und ihr Wachstum, für ihre Wachstumsgeschwindigkeit und ihre Wachstumsgrenzen, für ihre Konzentra­tion und grobe Verteilung sowie ihre qualitative Zusammensetzung. Er ver­glich die Wissenschaft von der Wissen­schaft mit dem thermodynamischen Stu­dium des Verhaltens von Gasen, nicht ohne in einer Fußnote(im folgenden Zitat ausgelassen) anzumerken, daß das WortGas vom griechischen Wort für Chaos abstamme(Solla Price 1974, 10):

Die benutzte Methode ist jener der Thermodynamik ähnlich, bei der man das Verhalten eines Gases unter ver­schiedenen Druck- und Temperaturbe­dingungen diskutiert. Man starrt nicht wie gebannt auf ein bestimmtes Mole­kül namens Georg, das sich mit einer bestimmten Geschwindigkeit bewegt und zu einem vorgegebenen Zeitpunkt an einem bestimmten Platz befindet. Man betrachtet nur einen Durchschnitt über die Gesamtheit der zufällig im Raum verteilten Moleküle, die sich in verschie­dener Richtung verschieden schnell be­wegen. Auf der Grundlage eines sol­chen unpersönlichen Durchschnitts kann man nützliche Aussagen über das Ver­halten des Gases als Gesamtheit ma­chen, und auf diese Art möchte ich über die Analyse der Wissenschaft als Gan­zes sprechen.

Wir werden im folgenden ähnlich vor­

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gehen und versuchen, einen geordneten Überblick über die Vielfalt der in der HEILPÄDAGOGISCHEN FORSCHUNG veröf­fentlichten Beiträge zu geben. Wir wer­den nicht, wie durch die Nachdrucke der Beiträge von Klauer und Kanter in diesem Heft, das Schicksal einzelner Beispiele verfolgen, sondern den großen Blick auf Entwicklungen, Themen und Trends versuchen. Wir werden zum ei­nen quantitative Kennwerte zusammen­stellen und interpretieren, zum anderen jedoch auch qualitative Analysen in An­griff nehmen und uns bemühen aufzu­schlüsseln, welche Inhalte in den ersten drei Jahrzehnten ihres Erscheinens in dieser Zeitschrift behandelt worden sind, welche Probleme und Fragestellungen die Autorinnen und Autoren bewegt ha­ben, die zum Fortbestand dieser Fach­zeitschrift beigetragen haben.

Allgemeine Angaben Bibliographische Daten

Begründet und von 1964 bis 1985 her­ausgegeben wurde die HE/LPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG, Zeitschrift für Erziehung und Bildung behinderter Kinder und Jugend­licher, von Helmut von Bracken(Mar­burg) und Hermann Wegener(Kiel). Ab 1971 kam als dritter Herausgeber Lo­thar Tent(Marburg), ab 1981 als vierter Richard G.E. Müller(Berlin) dazu. Letz­tere übernahmen die Verantwortung von den Gründungsherausgebern ab 1985 und zogen Gustav O. Kanter(Köln) und Karl Josef Klauer(Aachen) hinzu. Lo­thar Tent beendete seine Herausgeber­arbeit im folgenden Jahr und übergab die Geschäftsführung an Karl Josef Klau­er. Helmut von Bracken verstarb 1984 und Richard G.E. Müller 1993, beide, nachdem sie mehr als zwei Jahrzehnte der Zeitschrift verbunden waren(vgl. Kanter 1990, 1993; Tent& Jäh 1980; Tent, Wegener& Jäh 1974/75). Holger Probst(Marburg), 1990 in das Heraus­geberteam eingetreten, übernahm ab 1994 die geschäftsführende Schrift­leitung von Karl Josef Klauer. Dieser und Gustav O. Kanter gaben in der Hoff­nung auf kontinuierliche Fortführung in

der Generation der Nachfolgenden die Verantwortung im gleichen Jahre an die jetzigen Mitherausgeber ab.

Die ersten beiden Bände erschienen im Zeitraum von 1964 bis 1970 in der Universitäts- und Verlagsbuchhandlung M.G. Elwert in Marburg an der Lahn. Die Bände 3 bis 13 erschienen von 1971 bis 1987 in der Verlagsbuchhandlung Carl Marhold in Berlin, seit 1988 und mit Beginn von Band 14 am gleichen Ort in der Edition Marhold im Wissen­schaftsverlag Volker Spiess.

Die ersten 12 Bände liegen im Octav­format mit drei Heften und einem Um­fang von etwa 400 bis 480 Seiten pro Band vor. Die Einzelhefte wurdenin zwangloser Reihenfolge publiziert (Bracken& Wegener 1964, 2), so daß die Bände 2 bis 7, 9 und 13 zwei, die Bände 1 und 8 vier respektive drei Jahre Erscheinungszeitraum umfaßten. Ab 1986 wurde auf Großformat, ab 1990 auf vierteljährliche Erscheinungsweise umgestellt; seitdem können bei einem Umfang von etwa 200 Seiten pro Band und Jahrgang um die 20 größere Arbei­ten veröffentlicht werden sowie Buchbe­sprechungen, Editorials, Nachrichten und Stellungnahmen.

Rubriken

In den 30 Jahren seit ihrer Gründung sind in der HEILPÄDAGOGISCHEN FOR­SCHUNG 363 Aufsätze und 64 kleine Bei­träge erschienen; letztgenannte Rubrik wurde 1985 eingestellt. Außerdem sind in 13 Editorials Hinweise der Herausge­ber veröffentlicht worden sowie 9 Stel­lungnahmen, die zumeist der Fach­debatte vorbehalten waren, und zahlrei­che Nachrichten über aktuelle Entwick­lungen, anstehende Fachtagungen oder andere wichtige Ereignisse.

In 18 Nachrufen oder Glückwünschen wurden u.a. folgende Personen geehrt: Helmut von Bracken, Adolf Busemann, Emil Froeschl, Gustav Lesemann, Kurt Lücken, Karl Mierke, Heinrich Möh­ring, Paul Moor, Richard Müller, Kurt Prautzsch, Hans Radl, Wilhelm Schade, Rudolf Schilling, Karl Strehl, Lothar

HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XX, Heft 4, 1994