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Heilpädagogische Forschung : Zeitschrift für Pädagogik und Psychologie bei Behinderungen
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Hans-Peter Langfeldt& Franz. B. Wember+ 30 Jahre HEI_PADAGOGISCHE FORSCHUNG: Bestandsaufnahme und inhaltsanalytische Reflexionen

Tabelle 4: Relative Häufigkeit der Kategorien zur Art der Stichprobe Tabelle 5: Rangreihe und relative Häufigkeit der Forschungsinhalte

(Mehrfachkodierung möglich)(Mehrfachkodierung möglich) ‚40(2) Rang(1)*(2 Erwachsene als Betreuer 23,7% 12,6%(1) kognitive Prozesse der Betreuten 65,8% 19,5% Erwachsene als Betreute 7,4% 3,9%(2) allgemeine soziale Prozesse 62,6% 18,4% x z==(3) Unterricht(allgemein) 60,6% 17,8% | 9 sw Ha ls Bee ne 91% 568(4) Kulturtechniken und Sinneserziehung 43,6% 12,8% | v8;; e r(5) Professionelle Betreuer 40,7% 12,0% | Erwachsene, sonderpädagogische Laien 5,2% 2,8%(6) Sozialverhalten der Betreuten 23,5% 7,0% | Sonstige 4,4% 2,2%(7) Lehrer/Lehrerinnen 21,0% 6,2% | 189,8% 100,0%(8) Motive der Betreuten ES 9,4% 2,8% (9) Sonderpädagogische Laien 5,1% 1,5%

* bezogen auf die Anzahl der kodierten Studien(N= 228)}

bezogen auf die Anzahl der Kodierungen(N= 433) Sonsiges SS% 20% 338,5% 100,0%

* bezogen auf die Anzahl der Kodierungen(N= 1310)

gische Forschung daher als sonderschul­pädagogische Forschung bezeichnen.

ist. Sie ist aber auch eine Forschung, bei der kognitive Prozesse im Vordergrund stehen. In Tabelle 5 kann man erken­

lichen Schwerpunkt sonderpädagogi­scher Forschung aus. Diese Aussage steht

*_ bezogen auf die Anzahl der kodierten Studien(N= 387) 1 | | }

Tabelle 4 zeigt, daß die sonderpädago­gische Forschung in mehr als vier Fünf­tel der Fälle Aussagen über die betreute Person(Kinder, Jugendliche und Er­wachsene zusammen 82,5% der Kodie­rungen) trifft.

Erwachsene als Betreute werden aller­dings wenig berücksichtigt(3,9% der Kategorisierungen). Der weite Bereich der beruflichen und gesellschaftlichen Rehabilitation und Integration Erwach­sener bleibt demnach fast völlig unbe­achtet. Sonderpädagogische Forschung ist eher eine Forschungam behinder­ten Kind und Jugendlichen.

Die Betreuer(Erzieher und Erziehe­rinnen, Lehrer und Lehrerinnen) schei­nen für die Forschung relativ uninteres­sant zu sein. Nur 12,5% der Kategorisie­rungen beziehen sich auf diese. Betrach­tet man Erziehen und Unterrichten als sozial interaktiven Prozeß, so stellt sich das weitgehende Desinteresse am Inter­aktionspartner als ein Defizit der sonder­pädagogischen Forschung dar. Dies gilt auch für diejenigen Situationen, in de­nen der Interaktionspartner des behin­derten Kindes oder Jugendlichen gleich­altrig ist: Ein Gesichtspunkt, der vor dem Hintergrund der Integrationsdebatte eigentlich eine hohe Bedeutung erhal­ten sollte. In der Forschung wird dies offensichtlich noch nicht gesehen.

Es wurde festgestellt, daß sonderpäd­agogische Forschung vorwiegend eine Forschung über Kinder und Jugendliche

nen, daß sie mit den Kategorien ko­gnitive Prozesse, Unterricht sowie Kul­turtechniken und Sinneserziehung allein etwa die Hälfte aller Kategorisierungen an sich binden.

Die nähere Betrachtung der Kategorien mit kognitiven Inhalten läßt erkennen, daß in der Kategorie kognitive Prozesse der Schwerpunkt beiIntelligenz/Bega­bung(20,4% der Kodierungen) sowie beiLernen(12,1%) liegt. Der Schwer­punkt im Bereich Unterricht liegt auf derMethodik(28,9%). Innerhalb der Kategorie Kulturtechniken und Sinnes­erziehung binden die Kulturtechniken etwa zwei Drittel der Kodierungen. Die Sinneserziehung, d.h. die Förderung basaler Fähigkeiten wie hören, sprechen oder sich-bewegen ist deutlich weniger vertreten. Dies läßt sich wohl damit er­klären, daß sonderpädagogische Unter­suchungen im Kleinkind- und Vorschul­alter eher selten sind.

Zur starken Orientierung an kognitiven Prozessen gehört, als Kehrseite der Me­daille, die relative Geringschätzung so­zial-emotionaler Sachverhalte in der For­schung. Das konkrete Sozialverhalten oder die Motive der Betreuten konnten nur 10,7% der Kategorisierungen auf sich ziehen.

Allerdings stehen in der Rangreihe der Forschungsinhalte die allgemeinen so­zialen Prozesse an zweiter Stelle. Inte­gration oder Isolation, Rehabilitation und Sozialisation, generelle Prävention und Intervention machen damit einen deut­

HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XX, Heft 4, 1994

zur vorherigen, daß sozial-emotionale Sachverhalte wenig berücksichtigt wer­den, nicht im Widerspruch. Zum einen ist eine individuumzentrierte Betrach­tungsweise gemeint und zum anderen eine über-individuelle.

Defizite der Vergangenheit Herausforderungen für die Zukunft

In seiner Kritik der zeitgenössischen Wissenschaft und Bildung hielt Come­nius im 17. Jahrhundert(Nachdruck 1992, 100) es für notwendig,daß all das dargestellt werde, was wir bereits wissen samt einem genauen Verzeich­nis dessen, was wir nicht wissen oder was geradezu unmöglich ist zu wissen Oder noch was zu erforschen ist.

In bescheidenem Maße kommen wir durch unsereBestandsaufnahme und inhaltsanalytischen Reflexionen einer solchen Notwendigkeit nach.

Wir konnten feststellen, daß sich das Konzept einer empirisch-realwissen­schaftlichen Orientierung in der HEIL­PÄDAGOGISCHEN FORSCHUNG etablieren ließ. Für die Zukunft wird die Aufgabe darin bestehen, dieses Wissenschafts­konzept zu erhalten und weiterzuent­wickeln. In diesem Sinne wäre in das Verzeichnis dessen, was noch zu erfor­schen ist, folgende Desiderata aufzuneh­men:

® Es wäre wünschenswert, wenn der

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