Heft 
(2016) 102
Seite
35
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Max Bernsteins Rezension  Hölscher 35 Maximilian(Max) Ernst Bernstein ist am 12. Mai  1854  als Kind einer wohlhabenden jüdischen Kaufmanns- und Fabrikantenfamilie 4 in  Fürth geboren, er gehörte also zur Generation von Fontanes Kindern. Er besuch­te die Lateinschule in Fürth, danach Gymnasien in Nürnberg und Frankfurt, wo ihn u.a. Tycho Mommsen, ein Bruder des Historikers Theodor Momm­sen, insbesondere literarisch gefördert hat. 5 Ab 1872 studierte er zunächst Medizin und Philologie, dann Rechtswissenschaften u.a. in Würzburg und zuletzt ab 1877 in München 6 , wo er auch promoviert wurde und seine Refe­rendar-Zeit ableistete. 1882 ließ sich Bernstein hier als s­elbständiger Rechtsanwalt nieder und wurde durch einige Aufsehen erregende sog. ­Sozialisten-Prozesse sehr schnell als engagierter Anwalt bekannt. 7 Seine furchtlose und teilweise listenreiche Prozessführung und seine Plädoyers waren berühmt und führten ihn im Laufe seiner Tätigkeit u.a. auch nach Berlin. Im Jahr 1890 heiratete er Elsa Porges(1866–1949), die Tochter eines Mu­sikdirektors und Musikschriftstellers in München. Sie war schon als junge Schauspielerin bekannt, dann eine erfolgreiche Schriftstellerin, die  unter dem Pseudonym Ernst Rosmer insbesondere Theaterstücke veröffentlichte. 8 Beide waren beruflich, sozial und kulturell also sehr gut vernetzt. Schon vor Aufnahme seiner Anwaltstätigkeit hatte Bernstein Spott­gedichte in den Bayrischen Literaturblättern veröffentlicht( Der kleine Hy­driot), einige Aufsätze zur Frauenfrage geschrieben und 1880 seine ers­te ­Theaterrezension über Ibsens Nora veröffentlicht. 9 Vom Anfang seiner beruflichen Laufbahn an ist der Schwerpunkt seiner Aktivitäten schwer zu beurteilen. Im Blick auf Bernsteins Lebenswerk kann man allerdings fest­stellen, dass ihn beides mit Leidenschaft erfüllte, sowohl sein Beruf als Rechtsanwalt und Verteidiger als auch seine Neigung zur kritischen Litera­tur und zur Theaterwelt und dass beides sich sogar gewissermaßen wech­selseitig ergänzte. Bernstein veröffentlichte von 1883 bis 1899 allein in den Münchner Neuesten Nachrichten( MNN) an die 120 durchnummerierte umfangreiche Theaterbriefe, deren Stil er in die aufklärerische Tradition Gotthold Eph­raim Lessings stellte. 10 So wie er als Anwalt häufig die Gerichtssäle öffent­lichkeitswirksam wie eine Theaterbühne benutzte 11 , so ähneln umgekehrt seine Kritiken dem üblichen Aufbau juristischer Argumentation: Gegen­stand der Sache und dazu gehörige ›Gesetze‹, Inhalt oder Tatbestand des Falles und seine Beurteilung mit einigen wichtigen Gründen. Neben den Theaterbriefen schrieb Bernstein über 500 weitere kürzere oder längere Theaterkritiken in seinem Münchner ›Hausblatt‹, den MNN, aber auch in der Frankfurter Zeitung und im Berliner Tageblatt. 12 Außerdem veröffent­lichte er eigene literarische Texte, Berichte zu Kunstaustellungen und Künstlerporträts; Buchrezensionen allerdings gibt es nur wenige von ihm. 13