Heft 
(2016) 102
Seite
120
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120 Fontane Blätter 102 Rezensionen und Annotationen Frau Kaminski an seinem stilkritischen Gebaren vornimmt, überzeugt allerdings(206). Die Autoren des Hamburger Dogmas wiederum beru­fen sich auf die manifeste Handwerkszeugs-Einfachheit der dänischen Dogma-Filme. Wie die meisten Nachfolger der historischen Avantgar­den sind sie gegen doppelten Einwand, sie seien dogmatisch und betrie­ben Selbstvermarktung, nicht ganz gefeit. Buchenswert ist das ausführliche Fazit der Arbeit. Es wartet mit Überlegungen auf, die einen Teil der Wege, die sie zuvor eingeschlagen ist, hätte umlenken und begradigen können. Wenn bei den Werturtei­len der Literaturkritik insgesamt die impliziten überwiegen(235, so ­Renate v. Heydebrand und Simone Winko, welchen sich die Autorin an­schließt), wären im Lichte dieser Auffassung die Kriterien der nur kurzen oder undeutlichen Befassungen mit dem Stil eines Buches zu modifizieren gewesen. Und Peter Uwe Hohendahls fundierte Überle­gung zur Heterogenisierung des deutschen lesenden Publikums seit dem 18. Jahrhundert(231) lenkt den Blick noch einmal auf die Weise, wie komplex der Leser, den die Arbeit als Rezipienten der Kritiken vor­aussetzt, zu konstruieren ist. Mit schöner Verve schließt das Kapitel gleichwohl in Modus des Postulats, Literaturkritik solle nachvollzieh­bar sein(234–240). Das lässt sich sagen. Freilich ist es, wie die Arbeit indirekt und explizit zeigt, ein weites Feld. Justus Fetscher