138 Fontane Blätter 102 Vermischtes einige Zeilen von meinem Abgehaltensein in Kenntniß setzen. Solchen Brief würdest Du aber auch erst am Mittwoch erhalten können, da ich immer erst Dinstag Mittag erfahre, ob meine Anwesenheit für den nächsten Tag nöthig ist oder nicht.« 13 Wie gezeigt wurde, kann Fontane jedoch nicht vor dem 8. und nicht nach dem 10. Februar von dieser Reise zurückgekehrt sein. Am 9. Februar erschienen im Danziger Dampfboot Korrespondenzen Fontanes, die gezeichnet sind»Berlin, 6. Febr.« und»Berlin, 7. Febr.« Bekanntlich sind bei dieser Textgattung Verfasserangaben und Datierungen nicht selten fingiert, ein zuverlässiges Kriterium gewinnt man daraus nicht. In unserem Zusammenhang könnte aber eine Korrespondenz vom 7. Februar ein Hinweis darauf sein, dass Fontanes Besuch bei Wolfsohn am 8.–9. Februar stattgefunden hat. Fontanes Antwortbrief an Menzel ist demnach wahrscheinlich, wie der Brief an Varnhagen, am 10. Februar geschrieben worden. In Betracht kämen allenfalls noch der 9. und der 11. Februar. Was ist eigentlich ein»Knebelbart«? Fontane bedankte sich in seinem Antwortbrief bei Menzel für»das beste Theil von ganz Anhalt-Dessau«, das dieser ihm in Form eines Bildes zugeschickt hatte, und räumte ein, dass er selbst den»langen Zopf« zu verantworten habe, der ihm vom Maler»angehängt« worden war. Der Poet repliziert mit subtilem Witz, denn im Gedicht auf den Alten Dessauer wird der anachronistische Kopfputz im Widerspruch zur zeitgenössischen Konvention nicht verpönt, sondern glorifiziert. Nicht die Frisur dürfe Kriterium für die Beurteilung historischer Persönlichkeiten sein, sondern deren Leistung. Dass der Zopf Leit-Motiv des Gedichts ist, 14 wird in den letzten Versen deutlich: »Verschnittnes Haar im Schopfe Macht nicht allein den Mann, – Ich halt es mit dem Zopfe, Wenn solche Männer dran.« In seinem Brief an Hermann Hauff hatte Fontane am 18. Mai 1847 erklärt, er habe seine Aufgabe beim Nieders chreiben der Feldherren-Gedichte lediglich darin gesehen,»den poetischen Ausdruck für das zu finden, was bereits im Munde des Volkes lebt«. Und im Fürsten Leopold von Anhalt Dessau würde das Volk kaum mehr sehen als»den eigentlichen Repräsentanten der Zopfzeit«. 15 Als charakteristisch für diese holzschnittartige Auffassung dieser historischen Persönlichkeit mag hier nur die Bewertung des Fürsten Leopold zitiert werden, die sich in einer der militärischen Anthologien findet, die Fontanes Gedicht abgedruckt hatten:»Er war ein Mann von rauhen und strengen Sitten, und für Menschen, die ihn nicht näher kannten, von erschreckendem Aeußern; doch war er ein Mann, ein
Heft
(2016) 102
Seite
138
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