Mit Zopf und Knebelbart Möller 141 Kritik nicht ernst genommen hätte, ist ausgeschlossen. Seine Arbeiten zur preußischen Geschichte galten für ihn zweifellos auch schon in jener Zeit als ein»malerisches Gesetzbuch« der friderizianischen Zeit. 23 Da weder Kinn- noch Oberlipp enbärte kaum je bis auf die Schultern herabhingen, zumal es bei letzteren Trend war, die Bartspitzen unternehmungslustig aufwärts zu führen, was einige Jahre später durch Francois Haby zum letzten Schrei deklariert als»Kaiser-Wilhelm-Aufsteiger« sogar einen nationalen Trend in der Bartmode markierte, über den noch Heinrich Mann in seinem Untertan spottete, und da es Fontane nicht auf die Form des Bartes, sondern auf die Länge des Zopfes ankam, wurde die Lagebeschreibung des Knebelbartes zunächst korrigiert, später vermied Fontane den belasteten Begriff völlig, bis er nach über zwei Jahrzehnten doch zum ursprünglichen Knebelbart zurückkehrte, allerdings in einer »gestutzten« Form, die nicht mehr herabhing, sondern nur noch als Motiv aufgezählt wurde. Am 28. Februar 1847 war das Gedicht im Tunnel vorgetragen worden. In der Abschrift, die im Tunnel -Archiv verwahrt wird, lauten die ersten vier Zeilen: »Ich will ein Lied Euch singen! Mein Held ist eigner Art, Bis auf die Schulter hingen Ihm Zopf und Knebelbart;« 24 Am 31. März 1847 schickte der Autor das Gedicht zusammen mit anderen Feldherrengedichten an Hermann Hauff, um sie im Cotta’schen Morgenblatt abdrucken zu lassen. Tatsächlich erschienen die Texte am 22. April 1847 im Morgenblatt für gebildete Leser, 25 ohne dass Fontane als Verfasser namhaft gemacht wurde. Die Version stimmte mit der im Tunnel vorgetragenen Fassung überein. Am selben Abend trug Bernhard von Lepel das Gedicht auf einer Gesellschaft bei Fanny Lewald und Adolf Stahr vor und in der Folge noch bei anderen Gelegenheiten, u. a. am 14. Mai 1847 bei einer Ressource in der Kaserne. Am 21. Juni 1847 war Der alte Dessauer im Soldaten-Freund 26 zu lesen. Der Text blieb unverändert, lediglich das Komma am Ende von Zeile 2 wurde durch einen Doppelpunkt ersetzt. Die Gedichte, die im Soldaten-Freund in der Rubrik Leyer und Schwert abgedruckt waren, erschienen im Oktober 1848 noch einmal in der als»Militärische Gedichtsammlung« und»Auswahl patriotischer Dichtungen« deklarierten Anthologie Leyer und Schwert. 27 Auch in der Sammlung Männer und Helden, 28 der ersten eigenständigen Buchveröffentlichung Fontanes, wurde es in dieser Fassung abgedruckt, allerdings mit der Pluralform»Schultern«. 29 Ausgeliefert wurde dieses Heft im Dezember 1849. In all diesen Ausgaben blieb die Textfassung unverändert, lediglich das Interpunktionszeichen am Ende der 2. Verszeile variierte. Es ist als Komma(Abschrift im Tunnel-Archiv,
Heft
(2016) 102
Seite
141
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