Heft 
(2016) 102
Seite
166
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166 Fontane Blätter 102 Vermischtes mehrfach:»Diese zwei Buchstaben vor dem Namen sind, genau ­genommen, ziemlich unwichtig. Nur beim Arzt und bei der Polizei habe ich sie schätzen gelernt.« Bei aller scheinbaren Gleichgültigkeit gegenüber seinem akademischen Status Tatsache bleibt, daß Landshoff um 1922/23 eine Doktorarbeit ›Effi Briest‹. Die Kunstform eines Romans geschrieben und 1924 an der Univer­sität Frankfurt am Main vorgelegt hat, wo er schließlich 1926 promoviert wurde. Fritz Landshoff gehört also mit seiner Dissertation in die Frühzeit der Fontane-Forschung, spielte aber nicht zuletzt wegen seiner anders ge­arteten beruflichen Entwicklung im wissenschaftlichen Diskurs der Fonta­nistik praktisch keine Rolle, auch nicht bei Hans-Heinrich Reuter, der ihn immerhin bibliographisch erwähnt, und auch nicht bei Helmuth Nürnber­ger. Nur die umsichtige Charlotte Jolles weist in ihrem Metzlerschen Rea­lienband auf ihn und seine ungedruckte Arbeit hin. II Wahrscheinlich war es kein wissenschaftlicher Ehrgeiz, der den jungen Mann aus gutem, wohlhabendem Hause antrieb,»seinen Doktor zu ma­chen«, eher wohl der Wunsch, ein»Dr. Landshoff« auf der Visitenkarte vor­weisen zu können. Eine gewisse formale Oberflächlichkeit der Arbeit ürde ich als Zeichen für Zeitdruck und des»Hintersichbringenwollens« deuten, aber auch auf die Großzügigkeit der prüfenden Herren Professoren zurück­führen.»Fontane« heißt im ersten Drittel wirklich Fontane, danach wird einfach F. daraus; inhaltliche Wiederholungen, ungewöhnlich viele und meist sehr ausführliche Zitate(als hätten die Doktorväter Effi Briest nie ge­lesen!), die saloppe Form»die Effi«, handschriftliche Nachträge in den Fuß­noten, sorglose, uneinheitliche bibliographische Angaben im Literaturver­zeichnis und insgesamt eine gewisse sprachliche Laschheit usw. fallen dem heutigen Leser auf. Ein Brief Landshoffs aus Berlin aus dem Sommer 1922, an den etwa gleichaltrigen Studienfreund Hermann Kesten in Frankfurt gerichtet, ver­mittelt ein fast drastisches Bild von der Leidenschaftslosigkeit des Promo­venden. Dank einer Empfehlung seines Frankfurter Professors Franz Schultz, eines angesehenen Klassik- und Romantik-Spezialisten, durfte Landshoff das damals noch vollständige Manuskript von Effi Briest im Ar­chiv der Akademie der Wissenschaften(wohin das Manuskript damals aus­geliehen war) durcharbeiten, das zu dieser Zeit von Fritz Behrend geführt wird, der selbst eine Publikation zu dieser Handschrift vorbereitete( Aus Theodor Fontanes Werkstatt, 1924). Landshoff schreibt an Kesten:»Meine harmlose Absicht ging dahin, sie[die Handschrift] mal einzusehen, um evtl. irgendwelche Notizen von Belang zu finden.« Behrend, durch den Gruß von Schultz beeindruckt, stellt Landshoff ein eigenes Zimmer zur Verfü­gung,»in dem ich täglich von 10–2 die Handschrift einsehen kann unter