Heft 
(2015) 100
Seite
43
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Heimat bei Fontane und Joseph Roth  Chambers 43 auch Voraussetzung für ihre Weltoffenheit nach vielen Seiten hin. Eine ide­ale Heimat aus ihrer Sicht wäre ein Land der Treue, Humanität, Toleranz und Stabilität. Eine solche Heimat gibt es selten auf Erden, sie lässt sich eher als imaginierte Heimat in der Sprache konstruieren. Roth wie Heine haben im Exil geäußert, daß die deutsche Sprache ihre einzige Heimat sei. Diese Sprache war auch eindeutig die Heimat Fontanes, nach der er sich während seines Englandaufenthaltes oft sehnte. Indem Fontane und Roth als Patrioten und Weltbürger in ihren Werken ein ihnen und ihren Lesern gemäßes Vaterland bzw. eine Heimat zu schaffen versuchten, ist es ihnen in den großen Romanen wie Der Stechlin und Radetzkymarsch gelungen, eine Heimat für viele in der deutschen Sprache zustande zu bringen, eine Hei­mat, welche ohne feste Grenzen, aber trotzdem fest konturiert und nicht aus der Welt zu schaffen ist, eine Heimat aus Worten, die gleichermaßen fließend und beständig ist. Die wirkliche, geographische Heimat betrach­teten sie nicht mit bedingungsloser, sondern mitunter mit kritischer Liebe. Anders aber als für die kommenden Generationen von Hofmannsthal an, und dann bis in die Zeiten der ideologischen Vereinnahmung der Sprache spiegelte aber für sie die deutsche Sprache die Wahrheit in ästhetischer Form wider und sie wurde von keinem der beiden, weder von Fontane noch von Roth, der Skepsis ausgesetzt.