54 Fontane Blätter 100 Literaturgeschichtliches, Interpretationen, Kontexte wird der Seufzer aus seinem Band Nachtschmetterlinge dem wirklichen Verhältnis in seinem Leben zwischen dem Amt und dem Spiel des literarischen Schreibens nicht gerecht. Frommels Erfahrungen waren die Quelle seiner literarischen Kreativität. Nicht nur die Zahl seiner Veröffentlichungen ist bewundernswert, auch die Zahl der Auflagen lässt aufblicken. Die vielen Auflagen zeigen, wie breit die Wirkung von Frommels Schriften gewesen sein muß. Zu dieser Wirkung trugen nach Frommels Ableben 1896 auch die Publikationen bei, in denen seine Verwandten, Freunde und Amtskollegen über ihn erzählten. Eine sehr verbreitete Literatur über Emil Frommel gesellte sich zu den Neuveröffenlichungen seiner Erzählungen in Sammelbänden. Zu nennen sind als Beispiele: Das Frommel-Gedenkwerk, Frommels Lebensbild, herausgegeben von der Familie Frommel. Berlin 1901; Theodor Kappstein, Emil Frommel. Ein biographisches Gedenkbuch. Leipzig 1903, Band XIII der Reihe Männer der Zeit. Frommel war als Pfarrer und als Schriftsteller ein Lebensbegleiter. Daher verwundert es nicht, dass Emil Frommel von der achtzehnten Auflage an das Vorwort zu einer in Barmen erschienenen, sehr populären Bibelspruchsammlung schrieb: Vergiß mein nicht! Lehre, Verheißung, Trost in Bibelsprüchen und Liederversen für jeden Tag des Jahres, bevorwortet von D. theol. Emil Frommel. Für Theodor Fontane ist Emil Frommel an erster Stelle der Hofprediger, der in dieser Würde dem deutschen Kaiserhaus sehr nahe stand und bevorzugter Zeuge von Begebenheiten und Gesprächen war, die nie in die Öffentlichkeit kamen. Ob Fontane mehr von Frommel gelesen hat als die Nachtschmetterlinge, wissen wir nicht. Gewiß hat Fontane mit diesem Buch die beste Erzählleistung Frommels kennengelernt.
Heft
(2015) 100
Seite
54
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