Heft 
(2015) 100
Seite
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118 Fontane Blätter 100 Vermischtes Lepel,»aber es ist lächerlich auch nur einen Augenblick an die Möglichkeit zu denken.« 28 Doch 1852 hatte sich das letzte Hoffen erledigt,»mit der Gift­bude ist nichts« 29 und je geringer die realen Chancen einer solchen Le­bensbefestigung, umso größer das Minderwertigkeitsgefühl über»die halbe Bildung«,»die das Kennzeichen und die Lebensgefährtin eines Gift­mischers ist.« 30 Es gipfelte in der»Umschreibung resp. Verleugnung der Apothekerschaft« 31 , wie Fontane im Herbst 1862 an seinen Verleger Wil­helm Hertz besiegelnd schrieb. Soweit dieser kleine Streifzug durch die Apotheker- und Apotheken­welt Fontanes. Sie begründete seine medizinische Affinität und sein phar­mazeutisches Interesse, das sich innerhalb der Familie als Kompetenz Raum und Anerkennung zu verschaffen wusste. Denn die Spuren, die nach außen und für die(vornehmlich literarisch-bürgerliche) Öffentlichkeit ver­wischt werden sollten, schrieben sich in die Familiengeschichte umso deutlicher ein. Dort agierte Fontane als behandelnder Arzt, der selbst vor der Doppelrolle als Arzt und Patient nicht zurückschreckte. Dazu wenigs­tens ein paar Bemerkungen. 4 Leib und Seele zu beobachten, Fontanes war es selbstverständlich, nicht über Gebühr, aber gebührlich. Dass sein ursprünglicher und gelernter Be­ruf, ohne dass Fontane davon profitierte, während seiner Lebenszeit reüs­sierte und aufgewertet wurde, hing mit der kontinuierlichen, phasenweise explosiven Erfolgsgeschichte der Medizin zusammen. Zelltheorie, Histolo­gie, Bakteriologie, Chirurgie(dank des Durchbruchs auf dem Feld der Narkose) das Tor zu einem neuen Fach- und Berufsverständnis war weit geöffnet. Kein Wort davon bei Fontane. Dabei fehlte es nicht an ärztlicher Bekanntschaft. Sie hier auf- oder gar zu-erzählen: ausgeschlossen. Belassen wir es und kurz bei drei Männern, jeder für sich mit besonderem Marken­zeichen. Zuerst Robert F. Wilms(1824–1880). Ihn lernte Fontane kennen, als er in Bethanien 1848/49 zwei Diakonissen pharmazeutisch unter­wies. Wer von ihm in Von Zwanzig bis Dreißig liest, erfährt, dass ­Fontane mit ihm und zwei weiteren Doktoren im Ärztehaus untergebracht und dass Wilms»nicht interessant war« 32 . Zwei Jahre jünger als Fontane, erlebte ihn der als»im­mer etwas gereizt« einmal, weil ihm die ins medizinisch Bornierte wei­sende religiöse Regentschaft Pastor Ferdinand Schultz verdross, ander­mal, weil ihm seine ärztliche Überlegenheit unzweifelhaft war. Fontane spricht von»Vorahnung«, und das zu Recht: Wilms Wirken sollte sich näm­lich bald als segensreich erweisen, so segensreich, dass ihm die Stadt ­Berlin eine Büste verehrte und er einen Platz im Relief der Siegessäule fand: als Generalstabsarzt beim Versorgen eines Verwundeten im Deutsch-­Französischen Krieg. Seine eigentliche medizinische Kunst erwies sich