132 Fontane Blätter 100 Vermischtes andere Gardekürassierregiment: das Regiment Garde du Corps, die Nummer 1 aller preußischen Heeresverbände. Das Regiment Garde du Corps, dessen Chef der König von Preußen war, seit 1871 auch deutscher Kaiser, stand von 1875–81 unter dem Kommando Oberst Graf Karl v. Altens. Es war zu jener Zeit mit seinem Stab und seiner 1., 2. und 5. Eskadron am Potsdamer Stadtkanal kaserniert. In Charlottenburg, gegenüber dem Königlichen Schloss, lag die 4. Eskadron in Bereitschaft. Die 3. Eskadron jedoch, mit 5. und 6. Kompanie, hatte als»Leibeskadron« in Berlin ständige Begleit- und Repräsentationsdienste für den Landesherrn zu erfüllen. Deshalb war sie – wie das Charlottenburger Detachement – in unmittelbarer Nähe des Schlosses untergebracht, im Marstall. In der von Ferdinand Graf Brühl 1890 bei Mittler und Sohn herausgegebenen Regimentschronik ist festgehalten, dass ihre Pferde schon ab Dezember 1809 die alten Gensdarmesställe in der Charlottenstraße bezogen,»wo sich auf dem Hofe die große noch heute bestehende Reitbahn befand.« Die Mannschaften kamen zunächst noch in Bürgerquartieren in der Dorotheenstadt unter. Erst »1831 wurde endlich für die Schwadron[zwischen den umgebauten Ställen] eine Kaserne für die Mannschaften erbaut, da, wo früher die Gensdarmenwache gestanden hat. Diese Wache wurde in den Eckbau an der Dorotheen-Straße verlegt, vom 2. Garde-Ulanen-Landwehr-Regiment besetzt und blieb bis 1848 bestehen. 1832 bezog die Schwadron die neue Kaserne, welche sie bis zum Herbst 1889 inne gehabt hat.« 10 Bestätigt wird dieser Neubau und Umzug auch in dem vom Berliner Architekten-Verein 1877 edierten Buch Berlin und seine Bauten. 11 Dort ist vermerkt, eine Eskadron der Gardes du Corps habe»ihren Sitz auf der westlichen Seite des sogenannten Akademie-Viertels an der Charlottenstraße«, nämlich in dem»1830–31[…] erbaute[n], in der Axe der Mittelstraße liegende[n] Kasernengebäude.« 12 Wenn sich Fontanes Beschreibung am damaligen Berliner Stadtbild orientierte – und davon darf man ausgehen, so muss dies Botho von Rienäckers»Kaserne« gewesen sein! Im»Akademieviertel« hatte in den 1870er Jahren auch die Preußische Akademie der Künste ihren Sitz, als deren Sekretär Theodor Fontane im Frühjahr und Sommer 1876 tätig war. Fontane dürfte also das Kasernement gekannt haben und manchem der dort dienenden Kürassiere über den Weg gelaufen sein. Nur zweien nicht, die er erst zwischen 1880 und 1882 näher kennen lernte: den Grafen Friedrich und Philipp zu Eulenburg. Die zwei Brüder hatten es bei den Gardes du Corps[GdC] zu Leutnants gebracht. Doch Philipp beendete bereits 1871 seinen Militärdienst, und Friedrich musste nur wenige Jahre später wegen eines ernsten Konflikts mit dem Regimentskommandeur das GdC verlassen. Es ist durchaus möglich, ja wahrscheinlich, dass Theodor Fontane aus seiner Bekanntschaft
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(2015) 100
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132
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