Fontane als»Charakterkopf aus dem modernen Berlin« Möller 31 den Blick auf die Frage, welche Widmungsexemplare dieses Fotos überliefert sind. Das aus Privatbesitz stammende Exemplar, das 2019 in der Ausstellung Bilder und Geschichten im Potsdamer Haus der BrandenburgischPreußischen Geschichte gezeigt wurde, enthält eine Inschrift, die nicht datiert ist:»Ein paar rechtschaffene Menschen sind besser als große Massen. Th. Fontane.« In der Ausgabe der Plaudereien über Theater findet sich ein Exemplar als Frontispiz, unter das Fontane, ebenfalls ohne Angabe eins Datums, geschrieben hatte:»Der kommt am weitesten, der nicht weiß wohin er geht. Th. Fontane.« 5 Kurt Tucholski hatte dieses Blatt, vermutlich aus seinem Band der Plaudereien herausgelöst, im Exil als Bild an der Wand. 6 Die Stiftung Stadtmuseum besitzt ein Exemplar mit einem Schenkungsvermerk von Emilie Fontane vom 20. Dezember 1898. 7 Kurz vor der Drucklegung dieses Beitrages erfuhren wir von einem Exemplar in Privatbesitz mit einer Widmung an Frieda Lehmann, durch die ein Termin bezeugt ist, den die Fontane-Chronik bisher noch nicht kannte.:»Seiner lieben Schwiegertochter in froher Erinnerung an den 8. Januar 97 Th. Fontane.« Vielleicht hat Fontane der Braut seines Sohnes Friedrich das Foto bei einem ersten Besuch geschenkt. Womöglich war der 8. Januar der offizielle Verlobungstag. Bereits bei ihrem Besuch am 24. Januar muss sich die Braut derart präsentiert haben, dass ein sofortiger Abbruch der Beziehungen unvermeidbar schien. Am folgenden Tag, also am 25. Januar, berichtet Fontane seiner Tochter Martha, Frieda Lehmann sei»in ponceaurothem Kleid und weißen Aufschlägen« erschienen»gesprächig, frank und frei wie immer«. 8 Diese Formulierung deutet darauf hin, dass man bereits Gelegenheit hatte, sich etwas ausgiebiger kennenzulernen. Das Resultat der Tischrunde vom 24. Januar war eine schlaflose Nacht und Fontanes Stoßseufzer:»non possumus; es geht nicht; wir können nicht mit«. Dennoch fand die Trauung am 20. März 1897 statt. Bereits am 6. Juni 1898 wurde die Ehe wieder geschieden. Aus dem Nachlass von Frieda Lehmann stammt dieses Foto und eine gestickte Serviette mit den Initialen F. L.
Heft
(2019) 108
Seite
31
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