Heft 
(2019) 108
Seite
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»Meine beiden Freunde: Goethe und Fontane« Muhs 37 Meine beiden Freunde: Goethe und Fontane Ich habe in meinem Leben unendlich viel gelesen. Zu Büchern, auch wie als geheimnisvollen Gegenständen, habe ich immer ein besonderes Verhältnis gehabt. Manche haben mich von meiner Jugend an begleitet, wie z.B. Gru­bes Charakterbilder oder Musäus Volksmärchen in einer schönen, von Ludwig Richter u.a. illustrierten Ausgabe und die trefflichen Geschichtsta­bellen von Ploetz, auch Putzgers geschichtlichen Atlas rechne ich hierzu. Die Beschäftigung mit einer ganzen Reihe von Fachgebieten führte all­mählich zu einer nicht unbedeutenden Bibliothek, deren gute und übersicht­liche Aufstellung in den letzten Jahren zu einem ungelösten Pro­blem wurde. Umfangreich ist besonders der Bestand an historischen und altertumswissenschaftlichen Werken. Dazu kommt finanzwissenschaftli­che, nationalökonomische, staats- und verwaltungsrechtliche und in ge­ringem Ausmaß rein juristische Litteratur. Stark ist auch die Kunstge­schichte vertreten, zu der ich auch Schriften über das Bauwesen hier rechnen mag. Einige Berolina und Anhaltina treten hinzu. Recht vollstän­dig ist, wenigstens bis etwa 1935, die rein steuerrechtliche Litteratur vor­handen. Dazu kommt die schöne Litteratur. Nur spärlich sind dabei Romane und Unterhaltungsbücher vertreten. Aber die Klassiker, nicht nur die deut­schen und die der Antike, sondern auch englische und russische, füllen lan­ge Reihen, z.T. in älteren ererbten Ausgaben, z.T. in später erworbenen. Überblicke ich nun diese Reihen, so könnte ich viele nennen, die mir in häufiger Lektüre Belehrung, Erhebung und Genuß bereitet haben. Aber zwei unter den Dichtern sind meine besten Freunde gewesen, zwei, die un­tereinander sicherlich sehr verschieden sind an Bedeutung und an Wesens­art und die sich doch miteinander nennen lassen: Goethe und Fontane. Von Goethe habe ich merkwürdigerweise nie eine vollständige Ausgabe beses­sen. Die beiden üblichsten Ausgaben, die Cottaische Jubiläumsausgabe und die des Bibliographischen Instituts, schreckten mich durch ihr wenig gefäl­liges Äußere. Die Ausgabe des Inselverlags schien mir wegen ihres Dünn­druckpapiers nicht recht würdig. Die Propyläenausgabe verfolgt andere Zwecke. Auf eine schöne, vollständige Ausgabe habe ich immer gewartet; ich fürchte, auch die sg. Weltausgabe trifft wieder in Format und Druck nicht das Richtige, und wird sie jemals vollendet werden? So habe ich mich für den Hausgebrauch mit der gefälligen Tempelausgabe begnügt, und an­deres sonst suchen müssen. Von Fontane habe ich die beiden Reihen der Ausgabe von S. Fischer und wohl alles sonst Erschienene. Ich halte es für eine dringende Aufgabe, bald für eine kritische und vollständige Ausgabe der Werke Fontanes zu sorgen, wobei die Briefe und die Kritiken nicht fehlen dürfen. Was nun ist es, das mich diese beiden, Goethe und Fontane, vor allem lieben und verehren läßt. Es genügt ja, da es sich um ein persönliches Ver-