Heft 
(2019) 108
Seite
97
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Gelegenheit macht Lieder  Fischer 97 nur auf die Abdrucke in den Gedichtausgaben 1875, 1889, 1892, 1898 und das im Stargardt-Katalog 576(Mai 1966) faksimilierte Albumblatt Preußen­lied(1861)(Strophe 1). 23 Als ›Glättungen‹ lassen sich in Vers eins der ersten Strophe»seine Schwin­­genränder« statt»seiner Schwingen Ränder« und im letzten Vers»sei selbst­bewußt« statt»sei dein selbst bewußt« verstehen. Interessanter sind die Va­rianten in der letzten Strophe. Das beginnt bei dem gegenüber der GBA­Fassung gesperrt wiedergegebenen»H a d e r n« und setzt sich in den nächsten Versen fort. Statt»Doch freue Dich am L e b e n der P a r t e i  ´ n« liest man in der GBA»Doch freue dich wettstreitender Partein« und statt »S i e s i n d d e r S c h m u c k, d i e F e s t i g u n g d e r Q u a d e r n« heißt es»Sie lockern nicht, sie festigen die Quadern«. Schließlich hat der folgende dritte Vers statt»L e b e n d i g e K l a m m e r n u m d e n t o d t e n S t e i n» in der GBA-Fassung»Sind L e b e n s-Klammern um den toten Stein«. Ins Auge fällt ein Experimentieren mit dem Fluss der Verse und mit ge­wissen Nuancierungen bei den»Partein«, von der unterschiedlich ausge­prägten Emphase zu schweigen. Daraus darf man schließen, dass Fontane die fünfte und letzte Strophe besonders wichtig war. Ihr kam ja auch die Aufgabe zu, die Summe zu ziehen und zur abschließenden Synthese zu ver­dichten. So stehen bereits im ersten Vers»Eintracht« und»H a d e r n« in Opposition. Dabei wird der Wettstreit der Parteien ausdrücklich positiv be­wertet. Sie festigen das Staats-Bauwerk und flößen ihm Leben ein. Man wird nicht fehlgehen in der Annahme, dass darin auf die jüngste Entwick­lung innerhalb des Parteiensystems, die Konstituierungsphase der am 6. Juni 1861 förmlich ins Leben tretenden Deutschen Fortschrittspartei, an­gespielt wird. Ihr war die Gründung des Deutschen Nationalvereins voraus­gegangen. Das Stichwort»Freiheit« lässt sich dieser bürgerlich-liberalen Entwicklung zuordnen, das Stichwort»Treue«, wie schon dargelegt, dem überkommenen monarchischen Prinzip. Um deren Vereinigung ging es; sie sollten der gemeinsame Garant für neue Siege sein:»Aus Freiheit und aus Treue sprießt immer Sieg auf´s Neue,/ S e i f r e i, s e i t r e u solch Ban­ner in der Hand,/ Wirst siegen Du, Du deutsches Zukunftsland«. Damit war die finale Synthese hergestellt. Doch schon die Denkmalsenthüllung selbst stellte eine beide Seiten, die bürgerliche und die monarchische, mehr oder weniger zum Ausgleich brin­gende Inszenierung dar. 900 Teilnahmer hatten sich auf dem Platz vor der Bauakademie versammelt, eine beeindruckende Manifestation der zivilen Welt: Gewerbe-Institut, Bauakademie, Innungen, Gewerke. 24 Nahezu die gesamte Ministerriege, Vertreter der Kammern, der Rektor der Universität und die Dekane, die Repräsentanten der Akademie der Künste und der Aka­demie der Wissenschaften sowie der Oberbürgermeister und Vertreter der Stadtverordnetenversammlung gaben sich die Ehre. Feldmarschall von