124 Fontane Blätter 108 Literaturgeschichtliches, Interpretationen, Kontexte Darüber hinaus gefiel Eggers Fontane aber auch als Typ, als Mann. Ein »schöner Mann« sei er gewesen, bemerkt er, stets»graziös« in seinem Tun, sodass er sich sogar erlauben konnte, in Gesellschaft zur Unterhaltung einer Zwölfjährigen»mit einer halb an einen Clown und halb an einen Akrobaten erinnernden Geschicklichkeit über den Zimmerteppich« hinzutrudeln. 37 Und auch noch zum Profil von Eggers gibt er abschließend ein Urteil ab. Bei seiner Hochzeitsfeier mit Emilie, erinnert er sich, habe er mit Wohlgefallen über die Tafel hingeblickt,»fast alle waren hübsch, darunter viele südfranzösische Rasseköpfe. Doch verblieb der schließliche Sieg... dem Deutschtum. Unter den Gästen waren nämlich auch Eggers und Heyse, deren Profile für Ideale galten und dafür auch gelten durften.« 38 Es ist also das Eggers-Porträt, das bei Fontane über der Tür zu Emilies Zimmer hing, das persönlichste aller Inventarstücke, die er in seiner Dichterwerkstatt um sich versammelt hatte. Dass das Zimmer insgesamt eher wie das eines Historikers als das eines Dichters aussieht, bildet Fontanes Interessen ganz richtig ab – auch seine Romane sind ja im besten Sinn Zeitgeschichtsschreibung gewesen. Was aber das Bescheidene der Verhältnisse angeht, so spiegelt sich darin keineswegs nur seine wirtschaftliche Lage. Es war vielmehr genau das, was er für ein konzentriertes Arbeiten brauchte. Beispiele für großbürgerlich eingerichtete Wohnungen hatte er in seinem Freundes- und Bekanntenkreis zur Genüge – nie hört man, dass er selbst so hätte wohnen wollen. In seinen Sommerfrischen oder auf Reisen hätte er gern mehr Komfort gehabt, mit dem Zuschnitt seines Zuhauses war er immer zufrieden. Nur allerdings hätte er sich eine andere Gegend der Stadt für seine»Dreitreppenklause« gewünscht, damit ihn nicht Sommer für Sommer die Dünste des Landwehrkanals daraus vertrieben.»Schließlich sitz´ ich hier, drei Treppen hoch in der Potsdamer Straße, doch am komfortabelsten und stillsten«, schreibt er einmal an Friedlaender,»und läge mein Haus, statt dreihundert Schritt vom Kanal, auf dem Kreuz- oder Windmühlenberg, so würd´ ich meine Reisekoffer zum Trödler schicken.« 39 Zur Erholung genügten ihm die Spaziergänge durch den Tiergarten, und für seine Ertüchtigung sorgten jedes Mal, wenn auch beklagt, die zuletzt zu bewältigenden fünfundsiebzig Stufen. 40
Heft
(2019) 108
Seite
124
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