Heft 
(2019) 108
Seite
130
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130 Fontane Blätter 108 Literaturgeschichtliches, Interpretationen, Kontexte menschliche Anreden nicht nur ganz eindeutig, sondern legt auch sonst ein quasi-menschliches Verhalten an den Tag: Rollo schien nur auf diese spezielle Ansprache gewartet zu haben, denn im selben Augenblicke, wo er seinen Namen hörte, gab er einen Freuden­blaff, richtete sich auf und legte die Pfoten auf seines Herrn Schulter. ›Schon gut, Rollo, schon gut. Aber sieh da, das ist die Frau; ich hab ihr von dir erzählt und ihr gesagt, daß du ein schönes Tier seiest und sie schützen würdest. Und nun ließ Rollo ab und setzte sich vor Innstetten nieder, zugleich neugierig zu der jungen Frau aufblickend. Und als diese ihm die Hand hinhielt, umschmeichelte er sie.(53) Die scheinbare Einschränkung des Erzählers(»schien«) lässt keinen Zweifel an der Verständnisfähigkeit des Hundes zu, sondern verstärkt sie sogar, indem sie das Hundeverhalten durch unterstellte Handlungslogik verein­deutigt(»denn«) und ganz fraglos bewertet(»Freudenblaff«). Dabei geht fast unter, wie sehr Innstettens weitere Anreden an den Hund verräterisch und lesersteuernd zugleich angelegt sind. Das Personal,»unsere gesamte Haus­genossenschaft«, hatte Innstetten nur pauschal und beiläufig vorgestellt. Dem Hund gegenüber führt er Effi in einer vagen Formulierung als»Frau« ein, als wolle er andere, gar präzisere Formulierungen vermeiden. Genauso wird Innstetten Effi nach ihrer Verstoßung dem Personal gegenüber cha­rakterisieren:»die Frau kommt nicht wieder«(275). Darüber hinaus tut die Erzählerstimme alles, um die Vermenschlichung des Hundes zu steigern (»Und nun«); Rollo ist weiterhin der Hund seines Herrn Innstetten, hat aber schon begonnen, Effi gleichwertig in seinen Emotionshaushalt aufzuneh­men(»zugleich«). Man beachte die raffinierte syntaktische Lösung, die Fon­tane für diesen Vorgang findet: die faktische Aussage des Satzteils mit Innstetten(»nieder«), die beiordnende und»zugleich« noch offene Partizipi­alkonstruktion mit Effi(»aufblickend«), so dass schon hier ein Gegensatz von»nieder« und»auf« entsteht. Damit legt Fontane schon mit der ersten Einführung des Hundes eine Spur aus, die dem Leser eine doppelte Bedeutsamkeit Rollos suggeriert. Rollo zeigt ein höchst verständiges menschliches Verhalten; er kann, darf und muss umgekehrt in seinem Verhalten mit menschlichen Maßstäben ­gemessen werden. Zugleich erhält er durch die Figuren wie durch den Er­zähler eine Ausstattung mit Sinnhaftigkeit, so dass ihm Zeichencharakter ­zukommt. 2.» wo Rollo draußen anschlug«: Bestätigung So ist es kein Wunder, dass Rollo bei der Spukerscheinung, die Effi dem Chi­nesen zuschreiben wird, eine wichtige Rolle einnimmt, wenn es gilt, diesen Spuk(und seine Wirklichkeitsverhaftung) einzuordnen. Rollos»wau, wau«