Fontanes Theaterkritiken Möller 165 Gotthard und Therese Erler, Anita Golz, Christine Hehle, Walter Hettche, Charlotte Jolles, Joachim Krüger, Gabriele Radecke, Wolfgang Rasch. Debora Helmer hat mit der vierbändigen Ausgabe der Theaterkritiken einen erstaunlichen Einstand gegeben. Die Ausgabe ist verhältnismäßig preiswert und bedient zugleich die wissenschaftliche wie die anspruchsvolle populäre Rezeption. Die einzelnen Bände, Abteilungen bzw. Teile davon wie die Theaterkritiken sind jeweils auch separat zu beziehen und verwendbar. Die Bände 1 bis 4 der Theaterkritiken sind zugleich die Bände 2 bis 5 des kritischen Werkes, was eine gewisse Verwechselungsgefahr mit sich bringt. Zur Editionsgeschichte der Theaterkritiken Fontanes Dass die GBA in sämtlichen bisher erschienenen Teilen alle anderen Editionen als Standard-Ausgabe abgelöst hat, trifft auch für die Theaterkritiken zu. Werden die älteren Ausgaben dieses speziellen Teils des journalistischen Werks durch das Erscheinen der vierbändigen GBA-Ausgabe entbehrlich? Was davon kann aussortiert werden? Im Rahmen einer Gesamtschau der bisherigen Ausgaben sollen im Folgenden die besonderen Leistungen der neuen Edition dargestellt werden. Erstmals wurden die Theaterkritiken Fontanes von Paul Schlenther gesammelt herausgegeben, Otto Pniower wird im Vorwort als Mitarbeiter genannt. Der von ihm zusammengestellte Band Causerien über Theater (XX, 451 S.) erschien 1905 im Verlag von Friedrich Fontane und wurde 1908 mit dem Titel Kritische Causerien über Theater in die zweite Reihe der Gesammelten Werke aufgenommen. Es handelt sich um eine Auswahlausgabe (ca. ein Drittel des derzeit bekannten Materials), mit der Schlenther»den kritischen Causeur« Fontane würdigen(S. XVIII) und dessen»künstlerisches Glaubensbekenntnis«(S. XX) herausarbeiten wollte. Der Band sollte nur»Hervorragendes und Charakteristisches«(S. XVIII) enthalten. Die wissenschaftliche Forschung wurde auf die»Urtexte« in den Zeitungsausgaben verwiesen, Kürzungen nicht angezeigt. Die Kritiken zu den Stücken sind nach den Geburtsjahren der besprochenen Autoren geordnet, was, wie Schlenther einräumte, zu einer höheren Form von Unordnung führen musste.»Wer wie Ibsen erst im höheren Alter auf deutschen Bühnen Wurzel faßte, steht nun freilich literarhistorisch nicht am rechten Platz; aber im allgemeinen entspricht das Geburtsjahr eines Autors auch dem Zeitpunkt seines literarischen Auftretens.«(S. XVIII). Obwohl sie für die Textüberlieferung keine Rolle spielt, ist diese Ausgabe unter forschungsgeschichtlichen Gesichtspunkten auch zukünftig unverzichtbar. Die persönliche Vertrautheit des Herausgebers mit dem Gegenstand verleiht ihr besonderen Wert. Schlenther war Fontanes Kollege und Nachfolger als Rezensent der
Heft
(2019) 108
Seite
165
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