Heft 
(2019) 108
Seite
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166 Fontane Blätter 108 Rezensionen Vossischen Zeitung, wurde später Mitbegründer des Vereins Freie ­Bühne, war 1898 bis 1910 Direktor des Wiener Burgtheaters und kehrte 1910 als Kritiker nach Berlin zurück. Er berichtete aus eigener Erinnerung über das »Martyrium eines gewissenhaften Rezensenten«(S. IV). Und er konnte Ma­terial einsehen, das heute nicht mehr zur Verfügung steht: Nach dem Tod Fontanes»kamen wir die Witwe, die Kinder und ein paar jüngere Freunde bei Ordnung seines literarischen Nachlasses zu jenen vier dicken gehefte­ten Folio-Aktenbündeln, deren Bogen mit altem, vergilbtem Zeitungspa­pier beklebt waren. Wir blätterten, wir lasen, wir vertieften uns, und vor unseren Augen hob sich ein Schatz«(S. V). Diesen Band kann man nicht aussortieren. Das Vorwort und die Kommentare gehören zum unverzicht­baren Bestand der Überlieferung. Noch weniger verzichtbar ist die neue, vermehrte Ausgabe dieser ersten Sammlung, die Theodor und Friedrich Fontane 1925 unter Mitarbeit von Paul Dobert(1860–1931) herausgaben, Paul Schlenther war 1916 gestorben. Von dem auf zwei Bände konzipierten Werk ist nur der erste Band erschie­nen(XXIV, 625 S., mit 10 Bildtafeln). Die Materialsammlung für den nicht erschienenen 2. Band Von Shakespeare bis Hauptmann, der die Rezensionen über die Aufführungen der Freien Bühne, die Kritiken aus Fontanes Eng­land-Zeit sowie die Berichte über das französische Theater enthalten sollte, findet sich noch im Theodor-Fontane-Archiv(Signatur Pa 3). Um den Titel des Werkes verständlicher zu machen, nannten die Söhne Fontanes ihre Ausgabe Plaudereien über Theater. In der Anlage folgten sie dem Konzept Schlenthers. Es wurden weitere Texte und Textteile aufgenommen, außer­dem haben sie den Band reich mit Material aus Fontanes Nachlass ausge­stattet, das heute im Original verschollen ist. Als Beispiel sei nur auf den Brief von Botho von Hülsen an Theodor Fontane vom 18. November 1871 hingewiesen, der in einer Anmerkung(S.  605 f.) mitgeteilt und dankens­werter Weise auch in den Kommentar der GBA(Bd. 4, S. 91 f.) übernommen wurde, während ein Hinweis auf Fontanes Replik fehlt, die der Forschung seit ihrer Erwerbung durch das Fontane-Archiv zur Verfügung steht(vgl. Fontane Blätter 95/2013, S. 152–156 und Fontane Blätter 106/2018, S. 10–25). Während die Darbietung der Texte in dieser Ausgabe wissenschaftlichen Kriterien nicht genügen kann, sind die Anmerkungen eine Material-Fund­grube. Die erste kritische Ausgabe der Theaterkritiken erschien 1967 im Rah­men der Nymphenburger Ausgabe(Bd. 22, 1–3). Sie wurde von dem Thea­terwissenschaftler und-praktiker Edgar Groß(1886–1970) unter Mitarbeit von Rainer Bachmann herausgegeben und hat in der Texterschließung und Kommentierung Maßgebliches geleistet. Das wird auch von der GBA aner­kannt(Bd. 4, S. 722), obwohl die eine Seite zuvor gegebene Einschätzung, in der GBA werden»erstmals alle bislang bekannten Theaterkritiken Fontanes vollständig ediert und kommentiert veröffentlicht«, dazu im Widerspruch