170 Fontane Blätter 108 Rezensionen des französischen Theaters nicht enthalten. Auch in dem weitaus ausführlicheren Verzeichnis der Theaterrezensionen, das Fontane ebenfalls selbst angelegt hat und das sich heute in der Theaterwissenschaftlichen Sammlung der Universität Köln befindet(Signatur Au 2423), ist die fragliche Rezension nicht verzeichnet. Darüber hinaus lassen sich Briefen und Tagebüchern, der Text-Überlieferung sowie Sekundärquellen weitere Belege zum Nachweis der Autorschaft entnehmen. Die resultierenden Fragen werden sich erst durch aufwendige Grundlagenforschung klären lassen. Die GBA hat durch klare Kennzeichnung und eine begründete Entscheidung darauf aufmerksam gemacht. Der Gewinn der neuen Ausgabe gegenüber der vor 50 Jahren erschienenen NFA besteht nicht nur in der Ergänzung der inzwischen neu ermittelten Texte und der Textkonstitution nach modernen editionswissenschaftlichen Kriterien, sondern auch in der Kommentierung, die alle notwendigen Informationen verfügbar macht und die Kritiken mit großem Aufwand kontextualisiert. Die Textkonstitution für die GBA erfolgte in der Regel nach den Erstdrucken. Auf die berühmte Stellungnahme Fontanes zu Gerhart Hauptmanns Die Weber(Nr. 649) trifft dies offensichtlich nicht zu. Ein Exemplar des Erstdrucks im Salon-Feuilleton ist nirgends nachweisbar. Der Kommentar der GBA blieb den Nachweis ebenfalls schuldig. Man muss sich also fragen, nach welcher Vorlage dieser Text eigentlich ediert wurde. Auch ein Hinweis auf die beiden dem Erstdruck folgenden Publikationen fehlt: die von C. F. W. Behl in der Breslauer Morgenzeitung vom 15. August 1922 und die von Rüdiger R. Knudsen in seiner Dissertation von 1942. Sämtliche Erwähnungen in der Fontane-Forschung lassen sich auf Knudsen zurückführen, der das Blatt von Behl erhalten hat, der diesen Text wiederentdeckte und in dessen Sammlung sich das einzige bisher bekannt gewordene Exemplar noch 1942 befand. Auch ein Hinweis auf Rechercheresultate in Marbach, wo sich Behls Nachlass und seine Hauptmannsammlung befinden, wird vermisst. Auf eine betreffende Anfrage erhielt der Rezensent die schriftliche Auskunft, dass das Blatt aus dem Salon-Feuilleton nicht auffindbar sei. Immerhin fand sich der Zeitungsartikel von 1922, der in der Bibliographie noch nicht verzeichnet ist. Schließlich sind den beiden redaktionellen Notizen von Josef Ettlinger, Redakteur sowohl des Salon-Feuilletons als auch des Literarischen Echos, wichtige Hinweise zu entnehmen. Die Notiz aus dem Literarischen Echo ist im Kommentar abgedruckt, die andere wird nicht erwähnt. Dabei ist sie durch die Zitation von Knudsen ebenfalls zuverlässig ausgewiesen. Es handelt sich um die Zeilen, die Ettlinger am Kopf des Manuskripts Fontanes, als er es für den ersten Abdruck im Salon-Feuilleton einrichtete, eigenhändig festgehalten hat:»Über Gerhart Hauptmanns vielbesprochenes Weberdrama hat sich einer unserer bekanntesten Berliner Romanschriftsteller, der erst seit einigen Jahren die kritische Feder nieder-
Heft
(2019) 108
Seite
170
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