14 Fontane Blätter 104 Unveröffentlichtes und wenig Bekanntes an Otto Brahm als Teil einer wertvollen Dauerleihgabe der Humboldt-Universität zu Berlin dem Fontane-Archiv anvertraut, wo sie seither für die Forschung im Original zur Verfügung stehen. Für die editorischen Arbeiten der Erben Fontanes und der von ihnen beauftragten Herausgeber standen die Originale in vielen Fällen nicht (mehr) zur Verfügung. Sie stützten ihre Tätigkeit allein auf jene Korpora von Brief-Abschriften, von denen in den Bestandsgruppen»Ba«,»Ca« und»Da« sowie in anderen Bestandsgruppen im Theodor-Fontane-Archiv noch heute bedeutende Teile überliefert sind. Selbst dort, wo Originale vorhanden waren, wurden diese zunächst abgeschrieben. So konnten die Originale geschont und in ihrer ursprünglichen Aura erhalten werden. Die Originale wurden zunächst vollständig und möglichst genau abgeschrieben. Für die Erben Fontanes wie für die Herausgeber der von ihnen betriebenen Ausgaben war die Autorisierung der dargebotenen Textfassungen im Weiteren allerdings keineswegs das wichtigste Editions-Kriterium. Sie wollten Charakteristisches präsentieren, Texte, die das bekannte Bild vom Autor Fontane bekräftigten, besonders gelungene Formulierungen,»Fettaugen«, 9 Anekdoten, Aphorismen, eine»Beerenauslese« 10 – und genau diese Praktiken der ›Auslese‹(der Selektion, der Streichung, der Redaktion usw.) sind auf den Abschriften dokumentiert. So auch auf dem vorliegenden»Extrablatt«, das die Auswahlkriterien der Erben und ersten Herausgeber ganz offensichtlich nicht erfüllte. Friedrich Fontanes Marginalie, die unwidersprochen blieb, lässt daran keinen Zweifel. 11 Leider ist die Bemerkung von Friedrich Fontane nicht datiert. Sie könnte aus den 1930er Jahren stammen, in denen Friedrich Fontane die von seinem Vater hinterlassenen und seither in den verschiedenen Abschriften-Korpora gesammelten Briefe erneut sichtete, um Material für eine weitere Auswahl-Ausgabe von Freundesbriefen zusammenzustellen. Diese erneute Revision erbrachte immerhin Material für eine zweibändige Ausgabe mit insgesamt 700 Seiten, die 1943 mit dem Titel Briefe an die Freunde. Letzte Auslese erschien. 12 Das Erscheinen dieser Ausgabe hat Friedrich Fontane nicht mehr erlebt. Sie wurde von Hermann Fricke, dem ersten Leiter des Brandenburgischen Schrifttumsarchivs, abgeschlossen und herausgegeben. Es könnte aber auch sein, dass Friedrich Fontanes Bemerkung auf Ca 1023 bereits aus den Jahren der Vorbereitung der ersten Auswahl-Ausgabe von Freundesbriefen stammt, die 1910 mit dem Titel Briefe Theodor Fontanes. Zweite Sammlung erschienen war. 13 Auch in dieser Ausgabe waren einige der Briefe Fontanes an Otto Brahm abgedruckt. Dass auch die später mit der Signatur Ca 1023 in das Theodor-FontaneArchiv aufgenommene Abschrift den Herausgebern für die Briefausgabe von 1910 zur Beurteilung vorgelegen hat, geht aus den Eintragungen hervor, die Otto Pniower auf dem Blatt festgehalten hat. Es handelt sich um
Heft
(2017) 104
Seite
14
Einzelbild herunterladen
verfügbare Breiten