Heft 
(2017) 104
Seite
18
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18 Fontane Blätter 104 Unveröffentlichtes und wenig Bekanntes am 25. März 1883, den Zutritt zum Theater. Schlenther erzählt das Gesche­hen wie folgt: »Als Brahm das nächste Mal wiederum an der Abendkasse des Wallnerthea­ters erschien, um gewohnheitsgemäß die dort hinterlegte Ein­trittskarte abzuheben, umkreiste ihn Lebrun mit bösen Blicken, und der Kassierer zuckte die Achseln, es sei ihm verboten worden, die Karte auszu­händigen, sie stehe aber jedem andern Mitarbeiter der ›Vossischen Zeitung‹ gern zur Verfügung. Brahm ging am grinsenden Todfeind vorüber heim in die Breitestraße. Seitdem war für die ›Vossische Zeitung‹ das Wallnerthea­ter nicht mehr vorhanden. Es wurden weder Kritiken noch Mitteilungen noch Inserate gebracht.« 23 Die Vossische Zeitung konnte dieses Besuchsverbot für ihren Kritiker nicht hinnehmen. Am 29. März 1883 druckte sie eine Erklärung ab, mit der sie sich hinter Brahm stellte:»Als unser Theaterreferent O. Brm. am ersten Ostertage in Ausübung seiner Referentenpflicht an die Kasse des Wallner­Theaters kam, um sich ein Billet für die Vorstellung zu lösen, wurde ihm von dem Kassenbeamten bedeutet, daß ihm auf Anordnung der Direktion keine Billets mehr verabfolgt werden würden und, falls er sich durch ande­re Personen Billets besorgen lassen sollte, der Eintritt verweigert werden würde. Der Direktion des Wallner-Theaters hat es mißfallen, daß unser Referent in seinen Besprechungen in der ›Voss. Ztg. sich einzelne Ausstel­lungen und Bemängelungen der Leistungen des Wallner-Theaters bezw. der Direktion selbst erlaubt hat, und die Direktion hat daher gemeint, durch ein derartiges Attentat auf die öffentliche Kritik ihren Gefühlen Ausdruck geben zu sollen. Unsere Stellung zum Wallner-Theater gebietet sich dadurch von selbst. Wir haben nicht sowohl das Recht und die Pflicht der freien, unabhängigen Kritik zu wahren, sondern auch das Recht unse­res Leserpublikums, das eine freie und unabhängige Kritik von uns zu for­dern hat. Eine andere Kritik hat die Direktion des Wallner-Theaters von der ›Vossischen Zeitung‹ nicht zu erwarten, und es wird unsere Kritik nun­mehr so lange über das Wallner-Theater schweigen, bis die Direktion selbst meinen sollte, daß die Leistungen des Wallner-Theaters bezw. ihre eigenen Leistungen wieder ein freies und unabhängiges Urtheil ertragen können, und dies sowohl uns wie unserem Referenten zu erkennen giebt.« 24 Dies wiederum wollte Theodor Lebrun, der Direktor des Wallner-Theaters, nicht auf sich sitzen lassen. Er sandte einen Protestbrief an die Vossische Zeitung, den diese am 1. April vollständig abdruckte, wobei Einzüge und Einrückungen zugunsten eines fortlaufenden Spalten-Satzes aufgehoben wurden. Dieser Brief wird nach dem Abdruck in der Vossischen Zeitung wiedergegeben(Sperrungen hier kursiv): »Berlin, 31. März 1883. An die verehrliche Redaktion der ›Vossischen Zeitung‹ hier. In dem Artikel der No. 145 Ihres geschätzten Blattes, welcher die Angelegenheit des Herrn O. Brm. behandelt, ist ob absichtlich wage