Heft 
(2017) 104
Seite
30
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30 Fontane Blätter 104 Literaturgeschichtliches, Interpretationen, Kontexte ­geriert wie andere Romane Fontanes auch. 3 Die Namensgebung führt als ein Thema des Romans mithin die Frage nach der Kongruenz von Bezeich­nung und Substanz einer Erscheinung ein, hier von Namen und Benann­tem. Die Verunsicherung ob der Bedeutung der widersprüchlichen Signale ist symptomatisch für diesen Roman der Rätsel, der Spekulation und der vorenthaltenen Zusammenhänge und verspäteten Aufschlüsse. Obgleich die beiden ehemaligen Offiziere in dem zentralen Dreiecks­verhältnis der Personenkonstellation zu Gegenspielern werden, die sich am Ende der Handlung als Duellanten gegenüberstehen, sind sie über ihre Namen, Titel, ihre Spielleidenschaft und über eine zentrale literarische As­soziation zusammengebunden mit den schwankenden Namensbedeutun­gen geraten auch die Konfigurationen des Roman-Personals aus dem Lot. Fontane übergibt die Rolle, die Namen und militärischen Ränge der beiden Betroffenen aus der Literaturgeschichte herzuleiten, an zwei ans Karikatu­renhafte grenzende Figuren, Berliner Touristen, die sich im Fremdenbuch über andere Hotelgäste informieren:»›Gordon-Leslie, Zivilingenieur.[...] Das ist ja der reine Wallensteins Tod. ›Wahrhaftig, fehlt bloß noch Oberst Buttler. ›Na höre, der alte...«(156). Der hier gemeinte St. Arnaud steht ebenfalls im Range eines Obristen und wird in der zitierten Äußerung als ebenso formidabel eingeschätzt wie die Dramenfigur. Da in Schillers ­ Wallenstein, darin die geschichtlichen Tatsachen korrekt wiedergebend, die drei kaiserlichen Söldner unter Führung des Iren Buttler gemeinsame Sache gegen ihren eigenen Oberkommandierenden machen, hat die Asso­ziation der Berliner Touristen kontrapunktische Funktion auf der Ebene der Figurenkonstellation, auf der sich St. Arnaud und Gordon als Rivalen herausstellen, politisch allerdings affirmierende Funktion, wie eine späte­re Einlassung über den schottischen Namen andeutet: Die Ermordung ­Wallensteins kann in eine Kontinuitätslinie eingeordnet werden, die ein preußisches und protestantisches Deutschland ermöglichte und hervor­brachte, 4 wie es in der großen Diner-Szene angedeutet wird, auf der die Namensdiskussion wieder auflebt. Hier geht St. Arnaud »in geschickter Anknüpfung an die Rossowschen Worte ›von der Be­deutung alter Familien‹ auf die Gordons über[...], die seit dem Dreißig­jährigen Kriege, jedenfalls aber seit dem Schillerschen ›Wallenstein‹ uns als unser eigenstes Eigentum angehören. Oberst Gordon, Kommandant von Eger, zähle zu den besten Figuren im ganzen Stück, und er glaube sa­gen zu können, die Tugenden desselben fänden sich in dem neuen Freunde des Hauses vereinigt.«(273) In Schillers Drama handelt der Namensvetter gegen den kaiserlichen Generalissimus Wallenstein, er steht also auf der Seite der Legitimität, der bestehenden Ordnung. Im Kontext der Großkonstellation des Glaubens­krieges stärkt er damit aber auch die Seite der Großdeutschen und des Katholizismus die Doppelbeleuchtung der Figur über die Namensal­lusion