Heft 
(2017) 104
Seite
33
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»Die Welt ist eine Welt der Gegensätze« Krobb 33 Fall wird, wie auch bei der Ableitung von Namensbedeutungen aus ­Schillers Nationaldrama, Reibung und Spannung produziert zwischen den Positionen und Assoziationen auf der einen Seite, der Rolle und dem Zu­sammenspiel der Figuren im Handlungsgefüge auf der anderen. Die Umsetzung dieses so den Text bestimmenden Eingeständnisses epistemischer Unsicherheit ist für die Raumstruktur und die Semantisie­rung von Schauplätzen ausführlich herausgearbeitet worden: »Vergleichendes Gegenüberstellen, Analogisieren und kontrastives ­Zuordnen ist zentral für Fontanes Raumgestalten. Leitend sind dabei topo­graphische Oppositionen, die[...] zugleich semantische Oppositionen vor­stellen. Die Handlung ist ausgespannt zwischen gegensätzlichen Hand­lungsräumen, die entsprechend der binären Kulturmuster Stadt/Land, Kultur/Natur, Metropole/Provinz, Heimat/Fremde gestaltet sind.« Der Außenseiter Gordon verkörpert dies als problematischen(prekä­ren, liminalen) Zustand, dessen Zerrissenheit in Dichotomien und Inkom­patibilitäten für diese Figuration der technischen, sozialen und globalisti­schen Moderne charakteristisch ist: »Er ist Repräsentant des technischen Fortschritts, doch seine Sehnsucht ist nostalgisch rückwärtsgewandt[...]. Er bewegt sich in großen geographi­schen Räumen und trägt den Gedanken an die Heimat mit sich. Er reitet auf dem Esel durch den Harz und hat das Bild des Himalaja vor Augen.« 8 Wie aber der unsichere Status Gordons in den oppositionellen Raum­koordinaten andeutet, verweigert diese Anordnung Orientierung über spatiale Zugehörigkeit, verweigert sogar die Entscheidung zwischen Ent­weder-oder und Sowohl-als-auch. Natürlich betrifft die Problematik der sich auch räumlich aussprechenden Alterität vor allem die Protagonistin Cécile mit ihrer schlesisch-katholischer Herkunft und ihrer Vorgeschichte moralischer Verfehlung, die sich ihrer religiösen, sozialen wie geographi­schen Mehrfachverortung bzw. Liminalität verdankt. Auch der epistemische Status der zahlreichen Doppelattribuierungen bleibt meist unsicher: Zuschreibungen können antagonistisch angeordnet sein(und sich damit oft gegenseitig aufheben), komplementär, gar para­dox immer jedenfalls dient die begriffliche Paarbildung gleichzeitig ge­genseitiger Definition oder Konturierung wie wechselseitiger Verunsiche­rung. Denn die Aufstellung von»Extrem gegen Extrem«(195) erleichtert nicht die Orientierung, wie klare Oppositionsanordnungen dies normaler­weise versprechen. Himalaja und Harz, Katholizismus und Protestantis­mus, Libertinage und Liberalität(276) fungieren gleichzeitig als Alternati­ven wie als partielle Substitute. Der epistemische Status der Komponenten solcher Paarbildungen bleibt meist in der Schwebe; oft werden durch die pointiert antagonistische Zusammenbindung Gegensätze überhaupt erst postuliert wie in der Unterstellung, Céciles»Herz und Wille befehdeten einander«(290), oder in einem anderen Erzählerkommentar, der hier ohne