Heft 
(2017) 104
Seite
53
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Die Tonalität gesetzter Zeichen  Nienhaus 53 Hervorhebung des phonetischen Charakters der Satzzeichen, wenn er schreibt, dass»[i]n keinem ihrer Elemente[] die Sprache so musikähnlich [ist] wie in den Satzzeichen«. 65 IV. Textinterferenz und die Funktion der Figurencharakterisierung Die Gespräche im Stechlin dienen in besonderer Weise der Figurencha­rakterisierung. Die Teilhabe an gesellschaftlichen Plaudereien stellt die Dialogfähigkeit der Figuren unter Beweis und damit deren soziale Kom­patibilität. 66 Die Beherrschung der Gesprächskultur wird innerhalb der erzählten Welt von den Figuren reflektiert und bestimmt die jeweiligen Handlungsformen wie die gesellschaftlichen Positionierungen der Figuren.­So erschwert etwa Adelheids fundamental konservative Einstellung, dass sich mit anderen Figuren ein Gespräch entwickelt. Überwiegend begeg­nen Figuren Adelheids Gesprächsangeboten mit Ausweichhandlungen. 67 Gesprächskompetente Figuren werden wiederholt zu Erzählungen oder zu einem politischen Disput animiert. 68 Dies zeigt sich deutlich in der Darstel­lung der Überredungskünste der Figuren, wenn sie andere unaufhaltsam zu weiteren Erzählungen motivieren. Etwa, wenn Melusine Woldemar zum Erzählen anstiftet:»›Und so haben wir denn eine Nachmittagspartie ver­abredet, bei der Sie der große Erzähler sein sollen‹«(160). Oder wenn Arm­gard in die Rolle der Erzählerin gedrängt wird:»›Ei,‹ sagte Melusine. ›So bin ich zum Erzählen noch mein Lebtag nicht aufgefordert worden. Nun wirst du sprechen müssen, Armgard‹«(255). Dass die meisten Figuren sich im Erzählakt selbst nur mäßig als ErzählerInnen behaupten, kann als iro­nische Brechung gelesen werden. Figuren, die eine solche Kompetenz ver­missen lassen, werden mit einer strategischen Dialogführung konfron­tiert. Bestimmte Themenkomplexe werden gegenüber diesen Figuren bewusst gemieden. Dabei erscheinen die Figuren aufgrund ihrer Schwie­rigkeiten auf dem Gebiet der Konversation im Erzählverlauf karikiert, in­dem bestimmte, sie auszeichnende Merkmale wiederholt hervorgehoben und damit betont werden. Der Klammer kommt diesbezüglich eine figu­rencharakterisierende Funktion zu und sie präsentiert eine ironische Pers­pektivierung der Figuren durch den Erzähler. Nachdem sich Dubslavs Sohn Woldemar für einen Besuch in Beglei­tung zweier Freunde angekündigt hat, steht Dubslav vor dem Problem, eine passende Tischgesellschaft zusammenzustellen. Hierbei kommt es zur ersten Erwähnung des Ehepaars Ermyntrud und Wladimir Katzler durch Dubslav. In direkter Figurenrede werden drei zentrale Merkmale genannt, die für die Charakterisierung des Ehepaars in den diegetischen Gesprä­chen des weiteren Erzählverlaufs wiederholt unter ironischer Perspekti­vierung aufgegriffen werden:»›Und dann vielleicht Oberförsters. Das