Heft 
(2017) 104
Seite
60
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60 Fontane Blätter 104 Literaturgeschichtliches, Interpretationen, Kontexte am Romanende:»Der Stechlin ist in diesem Schlußsatz und Schlußwort graphisch hervorgehoben, nämlich kursiv gedruckt. Nicht hörbar, aber lesbar deutet hier der Roman als Schrift auf sich selbst, auf die Differenz zum Reden«. 87 Die Beobachtung Naumanns lässt eine Kontextualisierung von Kursivierungen vermissen. Hier stellt sich die Frage, ob sich einige Figurenreden durch eine konsequente Kursivierung ausgewählter Worte auszeichnen und damit eine Schwerpunktsetzung in figuralen und narra­torialen Aussagen geboten wird, die der Charakterisierung dient. Ihre Feststellung müsste diesbezüglich um die Perspektivierung der Lautlich­keit ergänzt werden. Die mittels der Kursivierung fokussierte Tonalität ei­ner Aussage zeigt sich exemplarisch in Koselegers Anspielung auf Herrn von Gundermanns ›unsittliches‹ Verhalten:»›Nichts von Vergehungen auf erotischem Gebiet, wiewohl es bei den Gundermanns,(die gerad´ in die­sem Punkte viel heimgesucht werden,) auch ­diesmal wieder, ich möchte sagen diese kleine Nebenform angenommen hatte«(384). Die Gundermanns werden als junger Adel von dem alteingesessenen Ruppiner Traditionsadel kritisch beäugt und in ihren gesellschaftlichen Verhaltensweisen belächelt(vgl. 15, 35 f., 54, 82, 191). So bezeichnet Koseleger­Herrn von Gundermann gegenüber Lorenzen als»Bourgeois und Parvenu« (206). Die kritische Beobachtung des Ehepaars findet in der kritischen Be­urteilung einen Widerklang. 88 VI. Die Klammer als markierte Erzähltechnik Die ausgewählten Textpassagen exponieren die Klammer als einen Ort der Polyperspektivität und Polyphonie. Entscheidend ist hier, dass die Klam­mer innerhalb direkter Figurenrede Einschübe des Erzählertextes in den Figurentext markiert. Somit ist Textinterferenz nicht primär ein Phänomen der Erzählerrede oder gar für direkte Figurenrede auszuschließen. Gleich­zeitig hat die Textanalyse ergeben, dass eine zentrale Funktion der Klam­mer die Figurencharakterisierung ist. Bezüglich des Stechlin kann nicht von einem Verschwinden des Erzählers gesprochen werden, da dieser mit­unter in den Einschüben durch eine ironische Perspektivierung des darge­stellten Geschehens laut wird. Die Klammer erweist sich für die diskutierte Erzählung wiederholt als ein Ort der Reflexion des Sprachgebrauchs. 89 In einem weiteren Schritt wäre zu untersuchen, ob die Klammer auch ein Ort relativierenden Spre­chens ist. Der im Text wiederholt hervorgehobene plauderhafte Ton entwi­ckelt sich in einem Spiel zwischen Exegesis und Diegesis. Auffallend ist, dass die Redesequenzen der Figuren überwiegend mit einem Lachen vor­getragen werden. Das spielerisch Leichte der Konversation wird jedoch