Heft 
(2017) 104
Seite
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122 Fontane Blätter 104 Rezensionen und Annotationen Jahre bis zum Durchbruch graphisch dar, wie psychisch nötig sie diesen Zuspruch hatte. In der zweiten Lebenshälfte gewann sie die Zuneigung der hochgebildeten, großherzigen Ida von Fleischl-Markow, die Betty Paoli in ihren Haushalt aufnahm und zeitweise auch Ferdinand von Saar. Die jüdi­sche Freundin wurde»Freundin, Vertraute, Mentorin, Lektorin, Anrege­rin und Tarockpartnerin[][und] so etwas wie ein Lebensmensch«, wäh­rend Ida 1869 im Tagebuch notierte:»Diese Frau ist ein braver Mann«(150 f.). In Fleischl-Markows Salon traf sie Grillparzer, Halm, Laube und Wiener Theaterleute. Wichtiger noch für Ebners Entwicklung war die Art von »Vor-Öffentlichkeit«, die der um andere schriftstellernde Frauen erweiter­te Freundeskreis bildete und die sie im vielsagenden Aphorismus festhielt: »Gemeinsame geistige Tätigkeit verbindet enger als das Band der Ehe«. 9 Gleich nach dem endlichen Durchbruch der Autorin zur Deutschen Rund­schau im Jahr 1879(und Beginn der Freundschaft mit Rodenberg) gab sie nun wohl das glänzendste Beispiel ihrer Rhetorik und satirischen Talente mit den brillanten Aphorismen(1880). Geschult an Montaigne und La Roche­foucauld Französisch, nicht Deutsch war ihre erste Sprache gewann sie nun Schopenhauer und Nietzsche zu ihren weiteren Mentoren. Wie Heine war sie voll Bewunderung für Nietzsches Sprache»u fühle mich dennoch abgestoßen. 10 Der Styl ganz einzig. So wurde in deutscher Sprache noch nicht geschrieben«(Tgb. 8.4.1874). Zur Überraschung ihrer Autorin machte der Band von 300 Aphorismen gleich»Furore« und verkaufte sich gut. Den­noch, so Strigl, habe man»in diesem von ihr selbst mitgeprägten Genre« mit der charakteristisch»kristallinen Struktur ihrer Sätze[] Ebners Ironie, ihren Witz und ihre Anflüge von Bosheit lange ignoriert«(242 f.). Strigls souveräne Kenntnisse der zeitgenössischen Literaturlandschaft erlauben ihr wertvolle Einsichten in die erstaunliche Spannweite von Eb­ners Freundes- und Wirkungskreis seit den Achtziger Jahren: Fungierten früher Männer wie beispielsweise Halm oder Devrient als leicht gönnerhaf­te Mentoren, so zeigt Strigl, wie nun gegenseitiger Respekt ihre Beziehun­gen mit so unterschiedlichen öffentlichen Figuren wie etwa ­Rodenberg, ihrem Hausarzt Joseph Breuer, Ferdinand von Saar, Fritz Mauthner, Karl Kautsky oder Viktor Adler auszeichnete. Nach wie vor erweiterte sie bis ins hohe Alter ihre Frauenbekanntschaften, begegnend, fördernd, ermuti­gend, und wenn es sein musste, geschickt abweisend. Strigl versteht es, in wenigen treffsicheren Strichen diesen so unterschiedlichen Autorinnen bzw. seinwollenden Autorinnen eine in Literaturgeschichten selten erreich­te Plastizität zu verleihen, von der geliebten Louise von François über die interessante Lou von Salomé, die brave Hermine Villinger, die»falsche Katz« Ada Christen(an Knorr, hier 221) und viele andere bis zu den der Dichterin eher lästigen Helene von Druskowitz und Marie von Najmáyer. Den lesbischen Bewerbungen letzterer begegnete sie mit einer mit Witz ge­würzten Toleranz:»lassen Sie Sappho- Sappho sein« dabei ihre Kunst