Heft 
(2017) 104
Seite
123
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Daniela Strigl:»Berühmt sein ist nichts« Sagarra 123 ­verratend,»sich bei Feuergefahr beizeiten in Sicherheit zu bringen«(215 f.). 11 Die Dichterin zeigte immer wieder,»wie zuverlässig ihre Abwehrmecha­nismen functionieren«(219). Die Freundschaft der Siebzigerin mit der um vierzig Jahre jüngeren erzkatholischen Schriftstellerin Enrica Handel­Mazzetti bietet ein eher atypisches Kapitel in ihrer Freundschaftsgeschich­te wegen des gefühlsseligen Tons ihrer Briefe und der relativ unkritischen Bewunderung der oft schwülstigen Handel-Mazzettischen Prosa. 12 Strigl sieht die Innigkeit der emotionellen Beziehung als»Reminiszenz ihrer eige­nen Anfänge«(373); wichtiger war neben ihrer immer lebhaften Freude an Kontakt mit der Jugend Ebners relative Isolierung nach dem Tod so vieler, die ihr im Leben nahegestanden haben und wohl auch im Kontext ihrer damaligen»Annäherung«(375) an die Kirche ihrer Jugend. Ebners Glaubensgeschichte hat viele z.T. sich wiedersprechende Kom­ponenten, von denen einige m.E. hier fehlen. Präzis und zutreffend ist Strigls Urteil: sie»war nicht fromm, aber religiös und dachte antiklerikal« (13). Sie erhielt die typisch-katholische Erziehung einer jungen Aristokra­tin, doch bereichert mit Elementen der gerade für junge Frauen psycholo­gisch ansprechenden französischen Erbauungsliteratur in der Tradition Fénélons: Ihre spätere Erzählprosa zeigt Ebners absolute Vertrautheit mit der Praxis und Denkart und den Spannungen des österreichischen Ka­tholizismus von der Epoche des Absolutismus bis zur Demagogie eines Karl Lueger. Unter dem Einfluss ihres freidenkenden Ehemanns näherte sie sich dem Liberalismus der österreichischen Gründerjahre und blieb bis ans Le­bensende eine bittere Kritikerin der politischen Übermacht einer klerikalen Kirche. Aber die sozialethische Botschaft ihrer Erzählprosa ist eingebettet in jener Parallelentwicklung des österreichischen Katholizismus, nämlich der katholischen Aufklärung seit Josephinistischer Zeit, deren Wiederauf­leben in Ebners Jugend von der orthodoxen Kirche so schonungslos ver­folgt wurde. 13 Ihre Altersannäherung an die Kirche verdankte einiges ihrer Freundschaft mit dem damals einflussreichen französischen(hier nicht er­wähnten) Dominikaner Heinrich Suso Denifle(1844–1905), doch ist Strigls Ansicht beizupflichten, dass diese auch Teil von Ebners sorgfältiger und systematischer Arbeit an dem Bild war, das sie der Nachwelt von sich hin­terlassen wolle(375). »Was sie zuletzt wurde«, schreibt Helmuth Nürnberger knapp noch vor Erscheinung der Striglbiographie,»wissen wir ja, aber der Weg dahin, ver(un)ziert auch mit mancher Legende, ist studierenswert.« Noch vor der Drucklegung seines Tributs zum 100. Todestag der Dichterin konnte er noch in einer Nachschrift die vorliegende Studie ihres Lebenswegs als »kaum zu überschätzende Biographie« begrüßen. 14 Zufügen kann man nur: Die zukünftige Ebnerforschung wird diesem ausgezeichneten und brillant geschriebenen Werk noch sehr lange verpflichtet bleiben. Eda Sagarra