144 Fontane Blätter 104 Vermischtes goldgeprägten Titel und fünf schwarzgeprägte Blütenstempel. Es findet sich kein Hinweis auf die Buchbinderei; vermutlich»Leipziger Buchbinderei-A.G. vorm. Gustav Fritzsche.« 72 (3/ Möglichkeit B) Es ist allerdings nicht auszuschließen, daß es sich bei der unter(3/ Möglichkeit A) beschriebenen schwärzlichgrautürkisblauen Einbandvariante einfach nur um eine weitere»normale«, also laut Verlagswerbung»gebundene Ausgabe für Mk 3« handelt und wir die vermutlich in einer nur sehr kleinen Bindequote ausgegebene»Prachtausgabe« bislang noch nicht kennen. 73 Sollte sich diese neue Zuordnung als richtig erweisen, 74 könnte die genannte Verlagsanzeige im Pan Prospectbuch nicht mehr als Stütze einer Hypothese dienen, welche in dem prächtigen roten Einband des Stechlin oder der Poggenpuhls den angezeigten»Prachteinband« – also mit anderen Worten einen Verlagseinband der Firma F. Fontane& Co. – erkennen möchte. VI. Ob es sich also bei den roten Einbänden von Der Stechlin, Die Poggenpuhls, Von vor und nach der Reise, Irrungen Wirrungen, Kriegsgefangen und Effi Briest um im Auftrag der Firma F. Fontane& Co. hergestellte Verlagseinbände handelt oder um Einbände eines Barsortimenters, wird also vorerst ein Geheimnis bleiben müssen. Doch wie es auch immer sein mag: Zwar nicht der des Stechlin, wohl aber einzelne andere der fraglichen roten Einbände könnten Theodor Fontane vor Augen gekommen sein. Und vielleicht hätte er nun am Ende eines langen Schriftstellerlebens, als keine Assoziationen zu Baedeker-Ausgaben mehr zu befürchten waren, gerade für seinen letzten Roman Der Stechlin mit einem roten Einband durchaus einverstanden sein können. Denn die Farbe Rot spielt im Stechlin eine ganz eigene Rolle. Gleich zu Anfang –»die preußische Fahne weht, schwarz und weiß, alles schon ziemlich verschlissen« – wird dem alten Diener Engelke, der einen roten Streifen annähen will, vom Schlossherrn bedeutet:»Laß. Ich bin nicht dafür. Das alte Schwarz und Weiß hält gerade noch; aber wenn du was rotes dran nähst, dann reißt es gewiß.« 75 Und am Ende der Romanhandlung dann glaubt die Schwester des alten Stechlin angesichts der roten Strümpfe der kleinen Agnes zu wissen, daß das neue Rot auch noch ganz anderes zerreißen kann:»Ich aber wiederhole dir, diese roten Strümpfe, die sind ein Zeichen, eine hochgehaltene Fahne.« 76 Und nicht zu vergessen: Unter allem, was hier im Stechlin erzählt wird, wartet unsichtbar, doch geheimnisvoll allgegenwärtig der Hahn, der –»wenn´s[…] draußen was Großes giebt, wie vor hundert Jahren in Lissabon« – aus dem Stechlinsee aufsteigt und»laut in die Lande hinein« kräht. Und der natürlich»ein roter Hahn« ist. 77
Heft
(2017) 104
Seite
144
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