Heft 
(2017) 104
Seite
155
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Hermann Hesse und Theodor Fontane  Iven 155 aufgelisteten Fundstellen etwas genauer an, so wird ersichtlich, dass es sich zumeist nur um»Randbemerkungen« handelt. So beispielsweise in der im Sommer 1919 in Montagnola niedergeschriebenen Erzählung Klein und Wagner, wo Hesses Beschreibung der abendlichen Szenerie eines Casinos »alte Herren wie aus Illustrationen zu Turgenjew und Fontane« 3 einschließt. Zwar hat Hermann Hesse, anders als beispielsweise sein Schriftsteller­kollege Thomas Mann, keine größeren Arbeiten zu Fontane hinterlassen, dennoch oder gerade deshalb lohnt es sich aber, die vor allem in seinen Rezensionen und in der nach jüngsten Schätzungen nahezu 40.000 Briefe umfassenden Korrespondenz verstreuten, über einen Zeitraum von sechs Jahrzehnten entstandenen Äußerungen zu Fontane an dieser Stelle, der Chronologie folgend, zu versammeln. Zumal es bis heute offenbar lediglich eine größere Arbeit gibt, die die beiden Autoren allerdings auch nur im Titel in Beziehung setzt. 4 Bei all dem soll und kann es jedoch nicht um eine Wertung von Hesses Aussagen und Urteilen oder gar um Vollständigkeit gehen, liegt doch bei­spielsweise im Rahmen der Werkausgabe nur ein kleiner Teil seiner nahezu 3.000, in etwa sechzig verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften erschie­nenen Buchbesprechungen und Empfehlungen vor, 5 und nimmt man alle bisher in Buchform veröffentlichten Briefe, so hat man vielleicht nur ein Zehntel dessen vor sich, was Hesse in seinem Leben geschrieben hat. Hermann Hesse liest und empfiehlt Fontanes Werke. Ende November 1897 erreichte Hesse der Brief einer jungen Frau, 6 die selbst schrieb 7 und als erste Leserin überhaupt auf eine Publikation Hesses reagierte ihr Name: Helene Voigt(1875–1961). In der Folge entwickelte sich zwischen den bei­den eine literarische Korrespondenz, die im Umfang zwar abnehmend bis zum Jahre 1957 andauerte. Im Januar 1899 kam Helene Voigt-Diederichs(seit dem 4. Juni 1898 war sie mit dem Verleger Eugen Diederichs verheiratet, der ein Jahr darauf Eine Stunde hinter Mitternacht, Hesses erstes Prosawerk, publizieren soll­te) in einem ihrer Briefe auch auf Fontane zu sprechen:»Ich wollte schlie­ßen, aber nun muß ich doch noch fragen, ob Sie Fontane´s ›Effie[sic!] Briest‹ kennen. Mein Mann schenkte es mir und ich bin ebenso erschüttert von dem leidvollen Frauenschicksal wie überwältigt von des Dichters Kunst, die Menschen zu geben. So mit all ihren Schwächen und doch so mensch­lich rein, und uns persönlich lieb und nah dadurch.« 8 Hesse, der das erst­malig 1894/95 als Vorabdruck in der Deutschen Rundschau erschienene Buch Fontanes kannte, antwortete kurz und bündig:»Effi Briest ja das ist ein herrliches Buch! Ich wußte, daß es Ihnen lieb werden mußte.« 9 Hesse hat, wie nachfolgend zu sehen sein wird, auch in seinen Besprechungen immer wieder auf dieses Buch hingewiesen. Ein letztes Mal geschah das in der Neuen Rundschau vom September 1936, wo er die im Rahmen der ­Reihe