Heft 
(2017) 104
Seite
161
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Hermann Hesse und Theodor Fontane  Iven 161 Mitbegründer der Nymphenburger Verlagshandlung. Dieser hatte sich zum Auftakt der auf 24 Bände angelegten, im Jahre 1975 abgeschlossenen Nymphenburger Fontane-Ausgabe mit einer Umfrage an zahlreiche deut­sche Autoren und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens gewandt. 40 Auf das erste Schreiben hatte Hesse nicht reagiert, auf eine neuerliche Anfrage hin bekam Spangenberg zur Antwort:»Gern hätte ich Ihren Wunsch we­gen Fontane, den sehr Geliebten, erfüllt. Aber ich war und bin seit einiger Zeit so wenig wohl, dass mir keine Arbeit möglich ist.« 41 Hermann Hesse und Thomas Mann. Einen besonderen Stellenwert in dem hier dargestellten Kontext haben die auf Thomas Mann und dessen ­Fontane-Rezeption bezogenen Bemerkungen Hermann Hesses. Am 5. De­z­ember 1903, kurz bevor er in Calw die Urfassung seiner Erzählung Unterm Rad abschloss, empfahl Hesse den Lesern der Neuen Zürcher Zei­tung den wenige Tage zuvor erschienenen Novellenband Tristan 42 seines Schriftstellerkollegen Thomas Mann zur Lektüre. 43 Nicht einmal ein hal­bes Jahr darauf, Anfang April 1904, sollte die erste, von ihrem gemein­samen Verleger Samuel Fischer arrangierte persönliche Begegnung in ei­nem Münchner Hotel stattfinden. Und schließlich setzte 1910 der bis zum Tod von Thomas Mann(1955) reichende Briefwechsel ein, der an der einen oder anderen Stelle auch auf Fontane einging. 44 Eine der frühesten Erwähnungen stammt vom Mai 1935. Thomas Mann wurde von Hesse darüber informiert, dass er»für ein schwedisches Blatt zweimal im Jahr kurz über wichtigere neue Bücher« berichte. 45 Am Beginn seines neuesten Berichts stehe dieses Mal eine Würdigung von Manns ak­tuellem Essayband Leiden und Größe der Meister. 46 Als Beilage zu dem Brief hatte Hesse die entsprechenden Zeilen kopiert, und so erfuhr Thomas Mann bereits Monate vor der Publikation, welcher Stellenwert ihm von Hesse in der deutschen Geistesgeschichte zugemessen wurde. In der im September 1935 veröffentlichten, gegenüber dem zuvor übersandten Auszug textlich unveränderten Fassung in Bonniers Litterära Magasin war zu lesen: Thomas Mann»ist ein dankbarer und vollwertiger Erbe und Sohn der bürgerlichen deutschen Kultur, einer vormodernen und zur Zeit von einem Teil der Jugend belächelten Kultur also aber immerhin jener Kultur, aus der nicht bloß Goethe und Humboldt, Schiller und Hölderlin, Keller, Storm und Fontane, sondern auch Nietzsche und Marx hervorgegangen sind.« 47 Für die gemeinsamen Lesestunden nahmen sich Hesse und seine Ehefrau Ninon(1895–1966) im Herbst 1947»nach langen Jahren den ›Stechlin‹ wie­der« einmal vor. 48 Angeregt wurde die Lektüre durch Thomas Manns be­reits 1922 erschienenen Sammelband Rede und Antwort, 49 der unter ande­rem die Texte Der alte Fontane, Anzeige eines Fontane-Buches sowie Über einen Spruch Fontanes enthielt. 50