Heft 
(2017) 104
Seite
163
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Hermann Hesse und Theodor Fontane  Iven 163 (1923–1978) 62 . Offenbar hatte dieser Hesse im Frühjahr 1960 ein Exemplar der von ihm herausgegebenen Schriften Fontanes zur Literatur 63 übersandt. In seinem Dankschreiben ging Hesse nicht nur auf die dem Buch vorangestellte, bereits Ende 1959 in der Zeitschrift Weimarer Bei­träge als Vorabdruck veröffentlichte Einleitung Reuters ein: 64 »Noch eh ich Ihre große schöne Studie über Fontane ganz zu Ende gelesen habe, will ich Ihnen(weil ich in den nächsten Wochen nicht dazu käme) meinen herzlichen Dank und zugleich meinen Glückwunsch zu diesem höchst verdienstvollen Buch aussprechen. Und auch für die Kopie jener Worte Thomas Manns. Wer die liest, wird nicht begreifen, daß viele Deutsche Th. Mann für einen kalten Verstandesmenschen oder schnöden Ironiker halten!« 65 Zum Schluss. Vom Schutzverband Deutscher Schriftsteller(SDS) wurde 1913 zum ersten Mal der von dem Autor und Mäzen Erik-Ernst Schwabach (1891–1938) gestiftete Theodor-Fontane-Preis für Kunst und Literatur heutigentags vergleichbar mit dem Klagenfurter Ingeborg-Bachmann­Preis für die beste Erstveröffentlichung des Jahres vergeben. Zu den Preisträgern der 1922 letztmalig verliehenen Auszeichnung 66 gehörten un­ter anderem Annette Kolb, Alfred Döblin, Carl Sternheim und Max Brod. Der Preis des Jahres 1919 ging an einen in der damaligen Literatur­-­s­zene völlig unbekannten Autor namens Emil Sinclair und seinen Roman Demian. Die Geschichte einer Jugend. 67 Selbst Samuel Fischer, in dessen Verlag das Buch erschienen war, wusste auf Nachfragen hin nichts über den ihm von Hermann Hesse empfohlenen Schriftsteller zu berichten. Dem Journalisten, Herausgeber und Mäzen Carl Seelig(1894–1962), 68 der den noch Unbekannten für eine bibliophile Buchreihe gewinnen wollte, hatte Hesse lediglich mitgeteilt:»Aber Sinclair ist(der Name ist Pseudonym) krank und sehr unzugänglich«. 69 Hinter dem auch für andere Arbeiten 70 benutzten Pseudonym verbarg sich jedoch niemand anderes als Hermann Hesse selbst. Bewusst und aus vielerlei Gründen hatte er seine Autorschaft verschwiegen. Die Literatur­historiker hatten ihn in den zurückliegenden Jahren als»Neuromantiker«, als»Idylliker des Provinzialismus« oder auch als Exponenten einer»welt­flüchtigen Innerlichkeit« abgestempelt. 71 Demgegenüber stand und so empfand es nicht nur Hesse»die bis zu Verachtung und bitterstem Haß gesteigerte Auflehnung unserer Jungen gegen alles, was ihnen als bishe­rig, als gestrig, als impressionistisch bekannt ist«. Dass er dazugehörte »und daß eine Schrift mit[seinem] Autornamen vom lebendigsten Teil der Jugend gar nicht würde gelesen werden«, schien ihm demzufolge gewiss. 72 Das Pseudonym ermöglichte es ihm nicht nur,»für einige Jahre die Vor­urteile zu unterlaufen, denen das Bild, das man sich bisher von ihm ge­macht hatte, ausgesetzt war«. 73 Hesse, der möglichst jedwede öffentliche