Theodor Fontane in San Diego 2016 Anderson 171 sich zusammen, suchen bekannte Gesichter oder Gesprächsgruppen, finden zusammen und lösen sich wieder auf: eine flexible Versammlung mit vielen Gelegenheiten für persönliches networking. Zehn Fontane- papers Für diesen Bericht haben mir die Autoren die folgenden Kurzfassungen ihrer papers genehmigt. Die ersten beiden davon wurden unter dem Vorzeichen The Business of Literature in einer der allerletzten sessions vorgetragen. Obwohl viele Teilnehmer der Versammlung schon abgereist waren, mussten zusätzliche Stühle besorgt werden: Petra McGillen ist 2012 an der Princeton University promoviert worden und unterrichtet seither am Dartmouth College. Ihre paper-Überschrift lässt sich als Evergreens und lebendes Archiv: Theodor Fontanes ›Wanderungen‹ und die Überwindung des Unterschieds zwischen Buch und Zeitschrift übersetzen. 1 McGillen hat Fontanes Notizbücher im TheodorFontane-Archiv noch ausführlich studiert, bevor die Staatsbibliothek zu Berlin diese Dauerleihgabe zurückzog. Sie beschreibt, wie sich die Wanderungen als eine verlässliche Geldquelle erwiesen und, weil Fontane kein Organisationsprinzip für seine Notizbücher hatte, dienten sie als ein stetig wachsendes Archiv von Material für spätere Verwendung. Das poetische Prinzip der Wanderungen habe dann ihre Sammlung und Veröffentlichung in Buchform ermöglicht. Dabei sei es Fontane gelungen, seine Leser zur Mitarbeit an den Wanderungen zu bewegen und so seine Möglichkeiten zu erweitern. Die Wanderungen könnten zugleich als fertige Werke behandelt und als ein flexibles Instrument der Produktivität verstanden werden, das auf die Bedingungen der Schriftstellerei im Literaturmarkt des späten 19. Jahrhunderts bestens abgestimmt gewesen sei. Ervin Malakaj, erst 2015 an der Washington University, St. Louis, promoviert, unterrichtet seither an der Sam Houston State University in Huntsville, Texas, sprach über Anspruchvolle Veröffentlichungspraxis und die Gestaltung des nationalen Literaturkanons. 2 Als Beispiel diente ihm der Wiener Gründer und Herausgeber der Zeitschrift Deutsche Dichtung Karl Emil Franzos. Wie die Forschung weiß, hat Franzos Fontane, wie viele andere anspruchsvolle Dichter der Zeit, mehrfach und nachhaltig um Beiträge gebeten. Er erstrebte eine Zeitschrift von einer literarischen Qualität, die neben Julius Rodenbergs Deutsche Rundschau bestehen könne, wo Unwiederbringlich und Effi Briest erschienen sind. Der faktenreiche Blick in die damaligen Verhältnisse und nützliche Hinweise für meine eigene Arbeit ließen vermuten, Malakaj interessiere sich auch für Fontane. Auf Anfrage bestätigte er, an einem Stechlin-Kapitel über»spätdichterische Angst
Heft
(2017) 104
Seite
171
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