den gesetzt durch das Eigentliche von ganz zuletzt. Der Vater erscheint — in bezeichnender Schlußwendung — nicht mehr als der Zerstörer, sondern als der „Begründer“ von Fontanes Lebensglück. Daß das nicht nur, nicht einmal in erster Linie, materiell gemeint war, bedarf nach allem, was wir bereits wissen, keiner besonderen Begründung mehr.
Mit „herzlicher Freude“ habe er hinzuzusetzen, so fährt Fontane fort, daß der Vater „all das, was er an zu Forderndem damals unterließ, später reichlich wieder ins Gleiche brachte. Viele Jahre danach, als es ihm selbst schlecht ging und sein Vermögen bis auf ein Minimum zusammengeschrumpft war, hat er mir in hochherziger und rührender Weise geholfen. Es handelte sich für mich um einen längeren und ziemlich kostspieligen Aufenthalt in England. Er half mir dazu, ohne langes Besinnen und ohne sentimentale Redensarten, unter Dransetzung letzter Mittel. Und so fügte sich’s denn, daß er, der in guten Tagen in diesem und jenem wohl manches versäumt hatte, schließlich doch der Begründer des bescheidenen Glückes wurde, das dieses Leben für mich hatte" (Kap. 4). An anderer Stelle wird dieses Urteil in charakteristischer Weise ergänzt und ausgeweitet, indem es Fontane aus der privat-familiären Sphäre in die allgemein soziale transponiert. Buchstabengetreu könnte es in dieser Formulierung übertragen werden auf die Charakteristik einer der zahlreichen Vater-Gestalten im Alterswerke Fontanes, von dem Balladenhelden v. Ribbeck bis zu der Gipfelgestalt des alten Dubslav v. Stechlin. Die Eltern seien, so heißt es im 14. Kapitel der „Kinderjahre“, von einer „vorbildlichen Gesinnung“ gewesen, „die Mutter unbedingt, der Vater mit Einschränkung, aber darin doch auch wieder uneingeschränkt, daß ihm jeder Mensch ein Mensch war. Noch weit über seine Bonhomie hinaus ging seine Humanität. Er war der Abgott armer Leute.“
Die materiellen Vorwürfe von einst sind verstummt, überwunden ebenso wie die Vorstellungen eines zwanghaften Gebundenseins an das väterliche Schicksal. Nicht mehr beeinträchtigt von Anklagen und Ängsten, kann der alte Fontane das Bild des Vaters erhöhen und stilisieren zu dem, was es für ihn insgeheim nie aufgehört hat zu sein. Das Bild des Vaters wird zu einem Vorbild in des Wortes umfassendster Bedeutung: Vorabbild und Beispiel in einem, dialektisch verklammert in einem besonderen, ebenso nachdenkenswerten wie bedenklichen lebensgesetzlichen Zusammenhang. —
Zwei von den drei Hauptzügen im Wesen Fontanes geben unmittelbar auf den Vater zurück: geschichtliches Interesse und Beobachtungsfreude, ja Beobachtungsgier. Um den dritten, den kritischen Sinn zu entwickeln, bot ihm der Vater, boten ihm die Vorgänge im Elternhaus und in der Umgebung, die zur Szenerie seiner Kinder- und Knabenjahre wurden, hinreichend Anlaß und Stoff. 11