überläßt das Urteil dem Leser. Als Fontane seinen Roman „Schach von Wuthenow“ 1878—1882 schrieb, galt seine Vorliebe dem preußischen Adel, es bedurfte noch eines Jahrzehnts, um in Briefen an Georg Fried- laender zu vernichtenden Urteilen über die Junker als herrschende Klasse zu kommen. Trotz alledem gelang es dem Dichter in seiner Schilderung, straff skizziert, die Auseinandersetzung des „Neuen“ und Kommenden mit dem zum Absterben verurteilten „Alten“ meisterhaft zu gestalten. Die Bezogenheit des Stoffes auf die Zeit Fontanes und die spätere verhängnisvolle Entwicklung Deutschlands charakterisiert Pierre-Paul Sagave abschließend wie folgt: „Die Selbstüberschätzung dieses Offizierskorps und die Hohlheit seines Ehrbegriffs lassen sich wohl vom Anfang auf den Ausgang des neunzehnten Jahrhunderts übertragen. Beide Epochen, die Zeit vor Jena und die Zeit nach der Reichsgründung, in der Fontanes Erzählung erschien, sind Perioden des Ausruhens auf ererbten Lorbeeren und der Erstarrung einer privilegierten Kaste inmitten von sozialen Strukturwandlungen.
Der Einzelfall Schach ist also Symbol und Symptom der Verschrobenheit und Verständnislosigkeit einer Gesellschaftsgruppe, die durch abgestorbene Traditionen daran gehindert wird, aus einer historischen und moralischen Zwangslage den Weg zu neuen Lebensmöglichkeiten und Lebensformen zu finden.“
Die Schrift „Fontane, Schach von Wuthenow. Dichtung und Wirklichkeit. Deutung und Dokumentation“ wird abgeschlossen durch eine Dokumentation, Äußerungen Theodor Fontanes über „Schach von Wuthenow“ in Briefen, frühe Rezensionen und schließlich bibliographische Hinweise. Pierre-Paul Sagaves Untersuchungen stellen eine Bereicherung der Literatur über Theodor Fontane dar.
Joachim Schobeß
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In den folgenden Heften wollen wir unveröffentlichte Briefe Georg Fried- laenders an Friedrich Fontane aus dem Fontane-Archiv, kommentiert von Professor; Dr. Kurt Schreinert, Göttingen, einen Beitrag von Dr. Christa Lehmanh-Schultze, Berlin, „Theodor Fontane und Varnhagen von Ense im Jahre 1848“, Berichte über Fontanes „Sidonie von Borke“ und „Storch von Adebar“, bearbeitet von Walter Keitel, Wasseralfingen, sowie einen Aufsatz von Dr. Heinz-Dieter Krausch, Potsdam, „Auf den Spuren Theodor Fontanes am Stechlinsee“ bringen. Wir planen ferner, im Jahre 1966 die anläßlich des Fontane-Symposions am 17. Dezember 1965 gehaltenen Vorträge sowie die Festansprache zur Dreißigjahrfeier des Fontane- Archivs am 18. Dezember 1965 zu veröffentlichen. Wir benachrichtigen
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