Auch Clementine von Weigel empfing fünf Jahr später, als sie sich wohl in dem Landhaus der Familie von Heyden bei Berchtesgaden aufhielt oder sich dorthin begeben wollte 22 , nur einen Brief zum Geburtstag 23 .
Hochverehrte Freundin.
Empfangen Sie meine herzlichsten Glückwünsche. Der Sommer — wozu er heute freilich nicht sonderlich geneigt scheint — tue für Sie sein Hellstes und Bestes und die Luft am Watzmann und Königssee fege nicht nur alles alte Winterkopfweh fort, sondern feie auch gegen neues. In herzlicher Ergebenheit
Th. Fontane.
Berlin, 16. Mai 95
Ebenfalls an Clementine von Weigel, wohl auch nach Berchtesgaden, gingen schließlich die folgenden — nicht datierten — Zeilen:
Beste Gesellschaft,
Höchste Temperatur,
Niedrigste Preise,
so lauten für diesmal die herzlichsten Geburtstagswünsche Ihres ergebensten Th. F.
Viele Empfehlungen an Frl. Helene.
Man kann natürlich nichts Endgültiges darüber sagen, ob Fontane den Schwestern von Weigel in den letzten Jahrzehnten seines Lebens noch weitere Gedichte gewidmet hat. Emdens Sammlung jedenfalls enthielt keine mehr. Und es kann fast so scheinen, als habe die vordem eifrige Bereitschaft des Dichters, die Gelegenheit beim Schopfe zu ergreifen und ein Gedicht darauf zu machen, später nachgelassen, weil Wichtigeres, nicht mehr auf Gelegenheit Abgestelltes ihn in Anspruch nahm.
Anmerkungen
1 Helmuth Nürnberger im Nachwort zu Theodor Fontane: Mir ist die Freiheit Nachtigall. Ausgewählt und mit einem Nachwort von H. Nürnberger unter Mitwirkung von O. Drude. Duisburg 1969, S. 100.
2 In der Nymphenburger Ausgabe füllen die Gelegenheitsgedichte nahezu 150 Seiten (Th. Fontane: Sämtliche Werke. Bd. 20: Balladen und Gedichte — München 1962, S. 253—280; 521—639).
3 Vgl. dazu Joachim Krueger: Das Archiv des »Tunnels über der Spree' und die Fontane-Sammlung in der Universitätsbibliothek. In: Forschen und Wirken. Festschrift zur 150-Jahr-Feier der Humboldt-Universität zu Berlin. Berlin 1960. Bd. 3, S. 444 f.
4 Helene von Weigel war am 1. Januar, Clementine am 16. Mai geboren.
5 Vgl. dazu Hermann Fricke: Die Ellora und das Rytly. Zwei Seitentriebe des Tunnels über der Spree. In: Jahrbuch für brandenburgische Landesgeschichte. Bd. 7 (1956), S. 19—24.
6 Fontane an Bernhard von Lepel, 26. Mai 1880.
2 Dem Abdruck der Texte liegen die im Besitz der Universitätsbibliothek befindlichen Handschriften zugrunde. Sie stammen sämtlich von der Hand Theodor Fontanes. Orthographie und Interpunktion wurden modernisiert. Alle Hervorhebungen gehen auf Fontane zurück. Textvarianten von Bedeutung, die sich im Tagebuch Theodor Fontanes oder in den Abschriften des Theodor-Fontane-Archivs finden, erwähnen die Anmerkungen.
® Th* Fontane, Tagebuch 1866—1882, Eintragung vom 8. Januar 1866; Handschrift im Theodor- Fontane-Archiv der Deutschen Staatsbibliothek, Potsdam. — Herrn Joachim Schobefj danke ich für die freundliche Erlaubnis zur Benutzung des Tagebuches.