Nach dem Studium hielt er sich lange in Italien und in Algerien auf, lebte auch noch einige Jahre in Frankreich und lieft sich endlich im Jahre 1904 in Holland nieder. Diese langjährige Heimatlosigkeit hat seiner Persönlichkeit und seinem Werk ihren Stempel aufgedrückt; sie trug dazu bei, ihn zum »Weltbürger' zu formen. Als spät in die Heimat Zurückgekehrter verstand er es somit, seinen Landsleuten den Spiegel vorzuhalten und sie in seinen Romanen zu karikieren. Seine Prosa schrieb er auf Englisch unter dem Psydonym Maarten Maartens, 7 seine Lyrik und Dramen, zum Teil auf Holländisch, zum anderen auf Englisch, veröffentlichte er unter seinem bürgerlichen Namen. In Holland selbst war er vielfach verkannt und wurde nie recht begriffen, dafür aber erfreute er sich in den Vereinigten Staaten während der ersten zwei Jahrzehnte dieses Jahrhunderts grofter Beliebtheit. Er starb in Doorn am 3. August 1915.
Das Vorbild Fontanes ist nur in seinem letzten Roman Eve, auch ohne den direkten Hinweis des Holländers in seinem Vorwort, offensichtlich. Dagegen erweckt sein Roman God's Fool (1896) Szenen aus Dostojewskis Der Idiot. Trotz äufterlicher Abhängigkeiten in diesen beiden Werken (für seine übrigen vier Romane lassen sich keine unmittelbaren Vorbilder finden), hat Maarten Maartens es fertiggebracht, für seine Handlung in Eve ein überzeugendes holländisches Milieu zu schaffen und berechtigte Zeitkritik zu üben, so daft das Entlehnen von Fontane keineswegs stört. Im Gegensatz zu Effi, die stirbt, läftt Maartens seine Eve im Kloster weiterleben. Rutger Knoppe wird auch ohne seine Frau in den Landtag gewählt werden, jedenfalls läftt der hoffnungsvolle Ton des Dichters am Ende des Romans das vermuten.
Es wird hier nicht angestrebt, den Holländer der Vergessenheit zu entreiften, oder ihn gar mit Fontane gleichsetzen zu wollen. Es soll nur festgestellt werden, daft Effi nicht nur in der französischen und russischen Literatur Vorläufer hatte, sondern daft es auch einen in englischer Sprache geschriebenen holländischen »Ableger" gibt, der weder von der holländischen noch von der englischen Literatur beansprucht wurde und somit kein eigentliches Zuhause fand, wahrscheinlich, weil ihn beide Literaturen als nicht eigen betrachteten.
Anmerkungen
1 a) J. P. M. Stern, . ,Effi Briest’, ,Madamc Bovary', ,Anna Karenina' ', The Modern Language
Review LII (1957), S, 363—375.
b) Marianne Bonwit, »Effi Briest und ihre Vorgängerin Emma Bovary und Nora Helmer', Monatshefte für den deutschen Unterricht XL (1948), S. 445—456.
c) Hanna Geffcken, .Effi Briest und Madame Bovary', Das literarische Echo, Jahrgang 23 (1921), S. 523—527.
2 Die einzige Ausnahme dürfte die wenig beachtete Dissertation des Holländers W. van Maanen sein (Maarten Maartens, Poet and Novelist (Groningen, 1928}), die zwar Ähnlichkeiten zwischen Maartens' .Eve' und .Effi' andeutet, aber doch das Alterswerk Fontanes verkennt.
3 Maarten Maartens, Eve (An incident of paradise regained), (London 1915).
4 Die Seitenzahlen hier und im Folgenden beziehen sich auf die in Fuftnote 3 angeführte Ausgabe aus dem Jahre 1915.
5 Im Jahre 1889 stellte er .Van der Poorten' seinem Familiennamen voran, in Anlehnung an seinen Patenonkel Josua Van der Poorten van Vollenhoven.
6 W. van Maanen, Maarten Maartens, Poet and Novelist, op. cit., S. 164.
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