gäbe' — das Werk Fontanes außerhalb der Romane enthaltend — beweist, welche Schätze hier noch zu heben sind: von den Gedichten, den Reportagen und den .Wanderungen' bis hin zu den Theaterkritiken, den autobiographischen Werken und den Aufsätzen zu Politik und Geschichte. Die Briefe angehend, so hat der Aufbau-Verlag mit G. Erlers zweibändiger Auswahl (1968) schon ein zu vielen Hoffnungen berechtigendes Versprechen gegeben.
Das Neue in der Textkonstruktion und -darbietung der Ausgabe beruht darauf, daß sie auf den vom Dichter selbst durchgesehenen und autorisierten Erstdrucken fußt und damit die Unterlassungssünden einer rund siebzigjährigen philologischen Indolenz wiedergutmacht; der Rezensent konnte bei anderer Gelegenheit nachweisen, welche ideologischen Gründe einem derartigen Verhalten der spätbürgerlichen Philologenzunft zugrunde lagen. Die Ergebnisse der Textrevision sind dann auch — wie schon bemerkt — epochemachend. Schlechthin sensationell aber ist das Resultat bei .Mathilde Möhring', wo man auf das im Fontane-Archiv liegende Manuskript des Dichters zurückgriff.
Eine neue Qualität wird auch in den Anmerkungen erreicht. Stoffgeschichte, Analyse der historischen, literarischen und persönlichen Voraussetzungen, Entstehungsgeschichte, Überlieferungs- und Textbefund, Lesearten, Wirkungsgeschichte, Faksimilie sowie Erläuterungen nehmen nahezu 900 Druckseiten ein und enthalten eine Fülle neuen Materials, wobei freilich die Genauigkeit der Quellennachweise insbesondere bei bereits gedruckten Texten noch manches zu wünschen übrig läßt. Die Forschung wird zu tun haben, bis sie alles verarbeitet hat, und der Leser wird dadurch dem .eigentlichen' Fontane ein weiteres Stück nähergeführt werden.
Auch dieser Kommentar wäre natürlich ohne die bereits geleisteten Vorarbeiten, namentlich wiederum ohne die Hilfe des Fontane-Archivs, nicht zu machen gewesen. Ein Kollektiv des Verlages ist auf dem Titelblatt als Herausgeber genannt; als Kollektivleistung auch noch in einem weit umfassenderen Sinne kann die Ausgabe gelten: repräsentativ für den Stand und die Methoden der Wissenschaft in unserem Staat. Wir dürfen die auf solidester wissenschaftlicher Arbeit gegründeten Ehrungen, die dieser Staat dem auf den Sieg der Arbeiterklasse hoffenden Realisten Theodor Fontane zu dessen 150. Geburtstag darbrachte, mit Genugtuung buchen und die Ergebnisse in den bleibenden Bestand unserer sozialistischen Nationalkultur aufnehmen.
Dr. habil. Hans-Heinrich Reuter, Weimar
Theodor Fontane: Aufzeichnungen zur Literatur. Ungedrucktes und Unbekanntes. Berlin, Weimar: Aufbau-Verlag 1969. XI, 436 S.
Theodor Fontane hat uns, was noch nicht genügend in das Bewußtsein weiter Kreise eingedrungen ist, ein reiches und vielseitiges Werk an journalistischen Arbeiten, Buch- und Bühnenrezensionen, literarischen Aufsätzen und anderen Zeitungs- und Zeitschriftenveröffentlichungen hinterlassen. An anderer Stelle ( v 9l. z. B. „Fontane-Blätter". Bd 1. H. 5. 1967. S. 204) wurde darauf hingewiesen, daß der Balladendichter und Schöpfer der „Effi Briest" in der Geschichte der Theaterkritik als der „einzige wirklich große journalistische Ausdrucks- Künstler" gilt. Der Essayist, Kritiker und Briefschreiber sollte gleichwertig mit dem Romancier gesehen werden. (Vgl- auch die 2 Bände der Ausgabe