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(1970) 11
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Band 2, Heft 3

FONTANE

BLÄTTER

1970

THEODOR FONTANE

Briefe an seinen Sohn Friedrich

Mitgeteilt und kommentiert von Gotthard Erler, Berlin

Berlin, 17. Dezember 1884 Potsdamer Straße 134 c

Mein lieber Friedei.

Wir haben jetzt wieder Mädchennot 1 , ähnlich wie im Sommer, wenn auch nicht ganz so schlimm. Mama wirtschaftet in der Wohnung umher und hat die be­kannte Wut, alles selbst zu waschen, zu kehren und zu putzen. Da fallen denn die Briefe in den Brunnen; damit Du aber nicht ganz ohne Nachricht bleibst, diese wenigen Zeilen von mir. Deine Weihnachtskiste wird schon gepackt und wird rechtzeitig in Jena eintreff en 2 ; am Heiligabend wird Dir wohl ein bißchen sonderbar ums Herz sein, aber man kommt drüber weg. Vielleicht laden Dich Baltzens- 1 ein; ein bißchen Familie, wenn auch nicht die eigne, will man an solchem Tage doch immer sehn. George kommt am Sonnabendabend und wird gleich mit Lichterfelder Kameraden ein Rendezvous imSchützen-Lisl" haben; Theo auch dabei. 4 Mete hat viel mit ihrer Schule 5 zu tun und ist nach- mi ttags und abends in Gesellschaft (Müller-Grotes 0 etc.), so daß ich sie jeden Ta g nur eine Stunde sehe. Mit ihrer Gesundheit geht es leidlich, und ihre Stel- lun 9 gefällt ihr Gott sei Dank sehr. - Berlin ist in Aufregung wegen der im Reichstag abgelehnten 20 000 Mark, die Bismarck für einen Ministerialdirektor forderte. So ziemlich alle Welt - selbst Fortschrittler - stehen auf Bismarcks Seite und finden es empörend.

Bebe wohl, mein alter Kerl. Bald mehr. Wie immer Dein

alter Papa.

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