Heft 
(1970) 11
Seite
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Berlin, 10. Februar 1890 Potsdamer Straße 134 c

Mein lieber Friedei.

Ich würde Dir mit den 5 Exemplaren 7 , die ich noch habe, gern zu Diensten sein, es geht aber nicht gut, und um so weniger gut, je geringer die überhaupt noch existierende Gesamtzahl ist. Denn um so mehr geniert es mich, Hertz meinerseits noch um ein paar Exemplare anzugehn. Und doch müßte ich das, da 3 Exemplare morgen oder übermorgen noch in die Welt sollen, und zwar Exemplare, die für Georgens ehemalige Vorgesetzte und Gönner bestimmt sind, darunter Rheinbaben und Holy v. Poniencicz, die bloß noch keine haben, weil ich ihren Gamisonsort bis dato nicht ermitteln konnte. 8

Außerdem hilft Dir die Geschichte auch nicht viel, in 3 oder spätestens in 8 Tagen wäre dieselbe Pleite wieder da; ich bin neugierig, wie sich die Sache entwickelt.

Wie immer Dein

alter Papa.

Liegt Dir aber sehr daran (was ich kaum annehme), so kannst Du die Exem­plare kriegen.

Anmerkungen

Beide Briefe waren bisher unveröffentlicht. Sie werden hier nach den authentischen Abschriften des Theodor-Fontane-Archivs der Deutschen Staatsbiliothek wiedergegeben; über das Schicksal der Originalhandschriften, die vor 194547 zum Bestand des Archivs gehörten, informiert die Notiz auf Seite 220 dieses Heftes.

1 Im Tagebuch vermerkt Fontane: »Am 2. Oktober Mädchenwechsel; wir ergattern eine wunder­volle alte Zierliese, die sich ,männerfeind' nennt und in der dritten Person nie anders als von .Fräulein Wenzel' von sich spricht." Dieses Original hatte Fontanes vor Weihnachten wieder verlassen; allerdings meldete der Dichter seinem Sohn Friedrich am 23. Dezember 1884: ». . . das polnische Mädchen, das wir haben, befriedigt zwar nur unvollkommen, aber al* Polin kann sie wenigstens Karpfen kochen, was ja in der Weihnachtszeit etwas bedeutet. Gestern hat sie sich dadurch in momentane Gunst hineingekocht."

2 Friedrich Fontane, der jüngste Sohn des Dichters, hatte Ende September 1884 seine Lehrzeit als Buchhändler bei Langenscheidt beendet und war dann in Jena in das Frommannsche Sorti- mentsgeschäft eingetreten.

3 Friedrich Fontane notierte auf der Kopie des Briefes: »Geh. Kriegsrat Baltz war der Schwager des dem F.schen Ehepaar befreundeten Hofrats Roland (vielleicht vom Auswärtigen Amt).

4 George Fontane, der älteste Sohn, der später als Hauptmann und Lehrer an der Kadettenanstalt in Berlin-Lichterfelde wirkte, war damals in Wahlstatt stationiert. Auch der Sohn Theodor hatte die militärische Laufbahn eingeschlagen und war später Beamter in der Heeresintendantur.

5 Über Martha (Mete), die einzige Tochter, heiftt es 1884 im Tagebuch; »Martha nimmt eine Stellung in Fräulein Leydes höherer Mädchenschule an und wird Lehrerin in der 3. Klasse, avanciert aber schnell."

6 Mit der Familie des Berliner Verlegers Carl Müller-Grote (18331905) war Fontane befreun­det. Müller-Grote verlegte den Roman »Unterm Birnbaum" (1885).

7 Friedrich Fontane notierte auf der Kopie des Briefes:Es handelt sich um die bei Hertz erschienenen .Gedichte', die damlas sehr gut gingen." Es war die dritte, stark veränderte Auflage von FontanesGedichten" (1889).

8 George Fontane war 1887 gestorben; in der Ausgabe derGedichte" von 1889 waren zwei Gedichte auf den Tod des Sohnes enthalten:Meine Gräber" undAm Jahrestag".

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