Lyrik war. zu einer empfindlichen Lücke werden. Lediglich des Dichters Erinnerungen folgende Beschreibungen des Klubs als eines literarischen Vereins, dessen geistiger Mittelpunkt Georg Herwegh war (Reuter), können nunmehr ebensowenig genügen wie die in Nümbergers und Richters Spezialarbeilen über den jungen Fontane gegebenen 1 . Mit der Charakterisierung, „es handelte sich bei Fontanes neuen Gefährten nicht nur um kritiklose Nachbeter; Wolfsohn und der blutjunge Max Müller, die die besten Köpfe waren, wahrten Abstand“, unterlag Nürnberger nicht minder als Reuter 2 dem faszinierenden Geplauder Fontanes, der seinen damals engsten Freunden, dem später hochverdienten Vermittler russischer Literatur in Deutschland, Wolfsohn, und Max Müller, die ihm auch in späteren harten Jahren Treue bewahrten, mit einer vergleichsweise ausführlichen Schilderung ihres Werdegangs dankte. Dadurch hob er sie über einen Kreis, dessen politische Bedeutung mit der Müllers und Wolfsohns nicht im Gleichklang stand, da diese als Studenten jedes Auffälligwerden aus unterschiedlichen Gründen mieden. Auch Richter, der aus marxistischer Sicht der Wahrheit am nächsten kommt, indem er in Fontanes „Herwegh-Klub“ einen „literarisch-politischen Klub mit ausgeprägt revolutionär-demokratischer Tendenz“ erkennt, entgeht nicht der Verwirrung, wenn er daneben noch einen zweiten Umgang des jungen Dichters mit einem „Kreis radikaler Burschenschaftler“ sieht und überdies den über ein halbes Jahrhundert später „Herwegh-Klub“ genannten Verein, den Fontane nach demselben Modus vorgeführt hat, der ihn vorher von einem Lenau- und Platenklub hatte sprechen lassen, in einen „poetischen Verein nach dem Muster des .Tunnels' umstilisiert“ glaubt. Die kommentierte Neuausgabe von „Von Zwanzig bis Dreißig“, die die Nymphenburger Verlagshandlung in München 1967 auf den Markt brachte, verzichtet ganz auf den Versuch einer Deutung.
Im folgenden sollen die im Dezemberheft 1970 der „Fontane-Blätter“ niedergelegten Forschungsergebnisse weitergeführt und unter Zuhilfenahme neuer Archivmaterialien sowie von Burschenschafts- und Vormärzliteratur der Versuch unternommen werden, das Dunkel um den „Herwegh-Klub“ transparenter zu machen, wobei wir den von Fontane vorgegebenen Namen folgen und andere Personen und Details nur streifen oder ganz unberücksichtigt lassen.
Im April 1841 wurde in Breslau das Mitglied der illegalen, auf dem Prinzip der „Allgemeinheit“ beruhenden Burschenschaft „Raczek“, Georg Pritzel, als „Hauptpfeifer“ bei einem Studentenauspfiff des Theaterstücks „Das bemooste Haupt“, das den Anschauungen der Raczeks von einem sittlichen, ehrenhaften und wissenschaftlichen Studententum widersprach, mit Karzer bestraft, — wegen einer zusätzlichen „humoristischen Malice gegen den Universitätsrichter“ von der Universität verwiesen 3 . In einer Adresse an den akademischen Senat forderten 240 Studenten die Aufhebung des Urteils. Unter den wegen dieses Aufruhrs erneut Relegierten befand sich auch der kaum zwanzigjährige Student im zweiten Semester Wilhelm Theodor Albert Friedensburg, mit dem sich der sechs Jahre ältere Pritzel nach den Breslauer Ereignissen nach Leipzig begab. Dort
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