Heft 
(1971) 13
Seite
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Lyrik war. zu einer empfindlichen Lücke werden. Lediglich des Dichters Erinnerungen folgende Beschreibungen des Klubs als eines literarischen Vereins, dessen geistiger Mittelpunkt Georg Herwegh war (Reuter), kön­nen nunmehr ebensowenig genügen wie die in Nümbergers und Richters Spezialarbeilen über den jungen Fontane gegebenen 1 . Mit der Charakte­risierung,es handelte sich bei Fontanes neuen Gefährten nicht nur um kritiklose Nachbeter; Wolfsohn und der blutjunge Max Müller, die die besten Köpfe waren, wahrten Abstand, unterlag Nürnberger nicht min­der als Reuter 2 dem faszinierenden Geplauder Fontanes, der seinen da­mals engsten Freunden, dem später hochverdienten Vermittler russischer Literatur in Deutschland, Wolfsohn, und Max Müller, die ihm auch in spä­teren harten Jahren Treue bewahrten, mit einer vergleichsweise ausführ­lichen Schilderung ihres Werdegangs dankte. Dadurch hob er sie über einen Kreis, dessen politische Bedeutung mit der Müllers und Wolfsohns nicht im Gleichklang stand, da diese als Studenten jedes Auffälligwerden aus unterschiedlichen Gründen mieden. Auch Richter, der aus marxisti­scher Sicht der Wahrheit am nächsten kommt, indem er in Fontanes Herwegh-Klub einenliterarisch-politischen Klub mit ausgeprägt revo­lutionär-demokratischer Tendenz erkennt, entgeht nicht der Verwir­rung, wenn er daneben noch einen zweiten Umgang des jungen Dichters mit einemKreis radikaler Burschenschaftler sieht und überdies den über ein halbes Jahrhundert späterHerwegh-Klub genannten Verein, den Fontane nach demselben Modus vorgeführt hat, der ihn vorher von einem Lenau- und Platenklub hatte sprechen lassen, in einenpoetischen Verein nach dem Muster des .Tunnels' umstilisiert glaubt. Die kommen­tierte Neuausgabe vonVon Zwanzig bis Dreißig, die die Nymphenbur­ger Verlagshandlung in München 1967 auf den Markt brachte, verzichtet ganz auf den Versuch einer Deutung.

Im folgenden sollen die im Dezemberheft 1970 derFontane-Blätter niedergelegten Forschungsergebnisse weitergeführt und unter Zuhilfe­nahme neuer Archivmaterialien sowie von Burschenschafts- und Vormärz­literatur der Versuch unternommen werden, das Dunkel um denHer­wegh-Klub transparenter zu machen, wobei wir den von Fontane vor­gegebenen Namen folgen und andere Personen und Details nur streifen oder ganz unberücksichtigt lassen.

Im April 1841 wurde in Breslau das Mitglied der illegalen, auf dem Prinzip derAllgemeinheit beruhenden BurschenschaftRaczek, Georg Pritzel, alsHauptpfeifer bei einem Studentenauspfiff des Theaterstücks Das bemooste Haupt, das den Anschauungen der Raczeks von einem sittlichen, ehrenhaften und wissenschaftlichen Studententum widersprach, mit Karzer bestraft, wegen einer zusätzlichenhumoristischen Malice gegen den Universitätsrichter von der Universität verwiesen 3 . In einer Adresse an den akademischen Senat forderten 240 Studenten die Auf­hebung des Urteils. Unter den wegen dieses Aufruhrs erneut Relegierten befand sich auch der kaum zwanzigjährige Student im zweiten Semester Wilhelm Theodor Albert Friedensburg, mit dem sich der sechs Jahre ältere Pritzel nach den Breslauer Ereignissen nach Leipzig begab. Dort

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