Heft 
(1971) 13
Seite
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von der ..plumpen Brutalität der Polizei, daß er kaum mehr wußte, ob es ..Mut ist oder Furcht, mehr Trieb oder Ekel 19 , was ihn jagte, wurde er durch das Mißlingen der Märzrevolution und der ebenfalls miterlebten Aufstände in Dresden und Baden im Mai 1849 vollends in Verzweiflung gestürzt. Die Befürchtungen eines besorgten Freundes, der ihn schon 1842, als er die Medizin um der Philosophie willen aufgab, gewarnt:Kannst Du den Glanz der goldenen Sonne auch immer ertragen?, erfüllten sich: wieder in Amerika verfiel er im April 1850 dem Wahnsinn, aus dem der Tod ihn dreißigjährig am letzten Dezembertag des Jahres erlöste.

Neben dem oben zitierten Brief Krieges vom 3. Februar 1843 machte Ludwig Köhlers Unterzeichnung eines Schreibens aus Leipzig vom 1. Februar 1843 an Friedensburg mit der Wendungdein treuer Bds- bruder (= Bundesbruder) die Behörden argwöhnisch. Die universitäts­richterlichen und polizeilichen Nachforschungen deckten nun die Existenz verbotener burschenschaftlicher Verbindungen, bzw. Ansätze zu All­gemeinheiten oder zumindest Kränzchen an der Mehrzahl der deutschen Universitäten auf. Die bei einer Haussuchung bei Kriege in München gefundenen, bis heute unveröffentlichten Briefe und Aufzeichnungen, die einschließlich der Münchener Verhörprotokolle und Akten anderer Uni­versitäten bei dieser Darstellung benutzt und auszugsweise zitiert wurden, zeigen Fontanesfreie Männerseele Kriege, seinen Paulus desneuen Heilands Feuerbach, als zentrale Gestalt aller Bestrebungen und Unter­nehmungen der Studenten. DenBund aufzuklären, für den zu wirken ein Teil der Korrespondenten dank Krieges Werbung sich verpflichtet hatte, gelang allerdings nicht. Heute wird er alsdemokratischer Kampf­bund (Richter) interpretiert, der sich die Aufgabe stellte, an allen deutschen Universitäten progressistische Burschenschaften, bzw. Studen­tenverbindungen ins Leben zu rufen. Mit seiner Einteilung inengere undweitere Mitglieder, in Eingeweihte und Fernerstehende, ist dieser Bund den alten Burschenschaften verhaftet, erinnert aber auch an die mit Burschenschaftlern durchsetzten, in der Schweiz beheimateten Ge­heimbünde desJungen Deutschland der dreißiger Jahre, die in Lese-, Bildungs- und Gesangsvereine erweitert wurden. Von den drei west­fälischen Brüdern Lüning Hermann stand als verspäteter Student 1842 in Halle bei Friedensburgs Gründung derAllgemeinheit unbemerkt aber sehr aktiv im Hintergrund gingen über ehemalige Greifswalder Kommilitonen Fäden zu den politischen Flüchtlingszentren in der Schweiz, und auch Kriege hatte vor seinem Studienantritt in Leipzig im Oktober 1840 von Baden aus die Schweiz besucht. Diese angedeutete Verbindungslinie könnte in Anbetracht der Weiterentwicklung desJun­gen Deutschland (Kriege gründete 1846 in New York einJunges Amerika) zu Anfang der vierziger Jahre zumBund der Gerechten vielleicht das Verständnis für Fontanes 1969 zum ersten Mal von Richter unkommentiert veröffentlichtes GedichtZum Kampf! erleichtern, das zur Befreiung der Polen aufrufend, mit den Zeilen beginnt:

Ergreift das Schwert! Man nennt Euch die Gerechten, wenn Ihr des schönen Namens würdig seid ...

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