Andere Gedichte Fontanes aus den Jahren 1842 bis 1844 wie ..Zwei Preußen“, „Studenten. Epistel an H. S.“, „An Rüge“ und „An Hermann Kriege“ sowie Prosaschriften sind durch den engen Kontakt des jungen Dichters zu dem progressistischen Studentenkreis müheloser zu interpretieren. In der „Epistel an H. S.“ wird Schauenburgs Tätigkeit im Rahmen der „Allgemeinheit“ begrüßt, die auf Hebung der Sittlichkeit und des Fleißes, aber auch auf Einschränkung des Duells als eines Sonderrechtes des Studentenstandes abzielte und in allen Studenten das Bewußtsein ihrer politischen Rechte wachrufen wollte. Kennzeichnend für Schauenburgs Wirksamkeit ist in der dritten Strophe der „Epistel“ Fontanes kritische Anspielung auf das Gedicht „An die deutschen Frauen“ aus dem ersten Teil der „Unpolitischen Lieder“ (1840) des in Breslau amtsenthobenen Hoff mann von Fallersleben. Diesen „Sänger“ (Fontane) — denn Fallersleben ist mit dieser Bezeichnung gemeint — verehrte Schauenburg und zu seiner Würdigung veranstaltete der Student in Berlin am 12. Mai 1842 mit seiner „Demagogenhande“ ein Fest und bewegte Fallersleben dabei, achtzehn zum Teil unbekannte Lieder der von ihm veranstalteten studentischen Sammlung von „Deutschen Liedern nebst ihren Melodien“ (Leipzig 1843) zu überlassen 20 . Die Entstehung der „Epistel“ kann u. E. nur in die Zeit zwischen November 1841 und Februar 1842 fallen, als Schauenburg intensiv für die „Allgemeinheit“ tätig war. Fontanes 1969 zum ersten Mal aus Robert Binders „Eisenbahn“ wiederveröffentlichte Korrespondenz aus Dresden vom 3. Oktober 1842 wurde während Krieges Aufenthalt in der Elbestadt von der letzten Septemberwoche bis zum 7. Oktober abgefaßt, als übrigens auch Michail Bakunin und sein Bruder Pavel sowie Iwan Turgenjew in der Stadt weilten. Die soziale, die „Tat“ fordernde Tendenz der Einleitung zu den John-Prince-Ubersetzungen, die Wahl der englichen Arbeiterdichter überhaupt, sind neben der damals hochaktuellen Anteilnahme an der Situation des englichen Proletariats und Fontanes Vorliebe für England zweifellos von den Anschauungen seiner Clique mitbeeinflußt. Sein jugendlich übereilter Entschluß, nach dem Scheitern der Schriftstellerlaufbahn das Abitur nachzuholen, um Geschichte oder Medizin studieren zu können, ist im eigenen Schwanken um den ihm gemäßen und zugleich möglichen Weg entscheidend von dem fast zwei Jahre währenden Umgang mit Studenten bestimmt gewesen. Auch in der Dresdner Zeit kam Fontane ja des öfteren mit den noch studierenden Freunden Wolfsohn und Müller und seit Herbst 1842 auch mit dem in Leipzig im Oktober immatrikulierten stud. phil. Hermann Jellinek zusammen. Der Kontakt zu Hermann Schauenburg, der Ende Mai 1843 aus dem Berliner Karzer entlassen, im August promovierte und im Januar 1844 in Berlin schon wieder „streng bewacht“ 21 , im Juni gar „aus preußischen und sächsischen Staaten fortgejagt“ 22 wurde, war ebenfalls nicht abgerissen. Fontanes Verse „An Hermann Kriege“ sind nicht 1842, wie die Nymphenburger Sammlung Fontanescher Gedichte (München 1962) angibt, auch nicht 1843, wie die Hanser-Ausgabe (München 1964) vermutet, entstanden, sondern sie sind unmittelbar durch Krieges Verhaftung im Sommer 1844 veranlaßt worden, als der im September 1843 aus Berlin ausgewiesene, nun-
Heft
(1971) 13
Seite
337
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