Heft 
(1971) 13
Seite
347
Einzelbild herunterladen

gen Fontane selbst mit seiner Liebe zum Kleinen, mit der Befangenheit des nach innen lebenden Menschen, mit dem Grundsatz der Treue gegen sich selbst. Und auch Lewin hat ja literarische Interessen und gibt seinen Empfindungen dichterischen Ausdruck. Das GedichtTröste dich, die Stunden eilen, das Lewin in trüber Stunde zu Papier bringt, stellte übrigens zunächst einen ganz persönlichen Herzenserguß des Dichters dar und entstand in der schweren Zeit nach der Amtsniederlegung. Es bedarf kaum noch des Hinweises, daß der literarische Zirkel der Kastalia, in dem man Balladen vorliest und sich im Für und Wider der Kritik erhitzt, mit demTunnel gleichzusetzen ist, in dem der junge Fontane die Erst­linge seiner Muse zu Gehör brachte. Noch ein Wort über den Vornamen des jüngeren Helden, der zunächst befremden mag. Wer aber die Sorg­falt kennt, mit der Fontane bei seinen Namengebungen verfuhr, der wird nicht zweifeln, daß er auch diese Wahl aus gutem Grunde traf. Lewin ist tatsächlich im 18. Jahrhundert einer der charakteristischen Vornamen in den Kreisen des märkischen Adels. Die Schwester Berndts istTante Amelie, verwitwete Gräfin Pudagla, die sich für ihre alten Tage nach Guse zurückgezogen hat und dort einen Kreis von Verehrern um sich sammelt. Sie hat einst am Rheinsberger Hofe des Prinzen Heinrich eine glänzende Rolle gespielt und lebt und webt noch immer in einer franzö­sischen Rokokowelt in beidem das Abbild der schönen Gräfin La Roche- Aymon, der Fontane in den Rheinsberg-Kapiteln derWanderungen ein Denkmal gesetzt hat.Sie hatte, sagt Fontane von ihr,all die Schwächen alter Leute, die die Triumphe ihrer Jugend nicht vergessen können; aber was ihr bis zuletzt die Herzen vieler zugetan machte, das war, daß sie trotz aller Schwächen im Besitz einer wirklichen Vornehm­heit war. Diese Worte können auch als Charakteristik der Tante Amelie gelten. Zu ihrer Tafelrunde gehört der kleine, häßliche und sarkastische Husarengeneral Bamme, auch er die ungefähre Kopie nach einem Origi­nal, das in denWanderungen fortlebt. Es handelt sich um den Sohn des Husarengenerals Zieten, der auf Wustrau in der Grafschaft Ruppin saß. Wie dieser hat auch Bamme seine Lust daran, zu necken, zu spotten und zu mystifizieren, und wenn Zieten vorgeschichtliche Fundgegenstände fälschen läßt, um den Altertumsforschern einen Streich zu spielen, so geht dieser närrische Zug auch auf Bamme über. Seinen Stammbaum kennzeichnet Bamme mit der genealogischen Proportion: ein Zieten eine Bamme, ein Bamme ein Zieten, ein deutlicher Hinweis des Dich­ters auf sein Modell. Graf Drosselstein hat seinen Namen mit einer nahe­liegenden Abwandlung von den Finkensteins übernommen. Weitere Be­ziehungen zu suchen, dürfte in diesem Falle vergeblich sein; gehört doch Drosselstein dem ostpreußischen Adel an, und nur ein halber Zufall hat ihn nach Hohen-Ziesar verschlagen. Endlich sei aus Tante Amelies Tafel­runde noch die komische Figur des Barons Pehlemann erwähnt. Der Name War Fontane, natürlich ohne Adelsprädikat, in Letschin vorgekommen, wo ihn ein Bauer, ein guter Bekannter seines Vaters, führte. Dessen Frau War eine geborene Kniehase, die Tochter eines Zechiner Bauern Christian Kniehase, der während der Franzosenzeit dort Schulze gewesen war und sich als tatkräftiger Mann von vaterländischer Gesinnung bewährt hatte.