Heft 
(1971) 13
Seite
351
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Roman ein historisches Dokument erwähnt, dessen Datum uns bekannt ist: derAufruf, wie er von Fontane schlechtweg genannt wird. Der nicht näher eingeweihte Leser muß hierbei natürlich an den altbekannten Aufruf an mein Volk denken. Aber dieses Manifest erschien erst am 17. März, also zu einem Zeitpunkt, als der Feind bereits bis über die Elbe zurückgegangen war. Es kann sich daher nur um die Bekannt­machung der Aufstellung freiwilliger Jägerdetachements handeln, die am 3. Februar erschien. Der Roman gibt einen Hinweis darauf, wenn Bernd in seinem Briefe vom 20. Januar schreibt:Auf den 26. ist das Eintreffen des Königs in Breslau festgesetzt; eine Woche später wird er sein Volk zu den Waffen rufen. Im Roman bedeutet dieses Dekret das erlösende Wort. In Wirklichkeit bereitete es den Patrioten eine Ent­täuschung, da auch hier noch nicht ausgesprochen war, daß Napoleon der Feind sei. Auch stimmt es, historisch betrachtet, nicht recht dazu, wenn Graf Drosselstein erklärt, er vermisse imAufruf das Ost­preußische eine Bemerkung, die nur Sinn hat, wenn man sie auf denAufruf an mein Volk bezieht, der bekanntlich von dem Ost­preußen von Hippel verfaßt war. Fontane ist hier eben mit dichterischer Freiheit verfahren, um jenes berühmte historische Dokument vom 17. März mit in die Handlung verweben zu können. Dies war auch mit Rücksicht auf die psychologische Situation des Helden notwendig. Fontane hatte ihn ja bereits im Anfang vor die Entscheidung gestellt, ob er unter Umständen auch gegen den Willen des Königs den Kampf gegen die Bedrücker aufnehmen würde. Jetzt hatte der König selbst unter dem Druck der Volksmassen dazu aufgerufen. Der schwere Konflikt der Pflichten war Bernd erspart geblieben.

In dem KapitelEin Deserteur erzählen die Bauern von einem Über­fall, den Göritzer Schützen gemeinsam mit desertierten Westfalen auf einen Trupp Franzosen gemacht haben, der in die Krampe ausgerückt war, um Werft für die Faschinen zu schneiden. Als Anführer wird der Göritzer Handschuhmacher Pfeiffer genannt, der in einem etwas frag­würdigen Lichte erscheint. Ihm wird es von den Bauern als Verschulden angerechnet, daß einer der desertierten Westfalen in Gefangenschaft geriet und erschossen wurde. Hinter dieser Geschichte, die im Dorfkruge als sinnloses Unternehmen eines Maulhelden unwillige Kritik erfährt, verbergen sich zwei wirkliche Begebenheiten, die Fontane miteinander verschmolzen hat: am 16. April machte die französische Besatzung der damals bereits eingeschlossenen Festung einen Ausfall nach der Krampe, wurde aber durch die Landsturmformationen der Belagerer zurück­geschlagen, wobei sich der Handschuhmacher Pfeiffer aus Göritz besonders auszeichnete. Desertionen westfälischer Soldaten waren schon früher erfolgt; einer von ihnen war von den Franzosen ergriffen und erschossen worden. Historisch sind ferner verschiedene Einzelheiten, so der Einzug der sogenanntenLöffelgarde in Berlin, von dem in der Kaffeegesellschaft bei Frau Hulen berichtet wird, die grünen Särge, in denen sich das alte Berliner Ehepaar Sängebusch begraben läßt, um seiner vaterländischen Hoffnung Ausdruck zu geben sie sind auch im Gedicht besungen W'orden, und der Besuch des Generals Fournier dAlbe im Küstriner